Arzt- und Zahnarztpraxen müssen aktuell mit Ausfällen und nicht funktionierenden Anwendungen der Telematikinfrastruktur rechnen. Die Betreibergesellschaft Gematik hat am 12. Dezember 2021 einige Dienste abgeschaltet, nachdem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine Schwachstelle in vielen Netzen und Softwareprodukten entdeckt hat.
„Aufgrund der aktuellen Meldung des BSI zur „log4j“-Schwachstelle mussten einige Dienste der Telematikinfrastruktur präventiv vom Internet getrennt werden. Die betroffenen Dienste sind potenziell von der Schwachstelle betroffen und werden erst nach dem Schließen der Lücke wieder erreichbar sein. Die getroffenen Vorsichtsmaßnahmen dienen zum Schutz der Daten von Patientinnen und Patienten. Wir arbeiten zusammen mit unseren Partnern mit Hochdruck daran und informieren umgehend bei einem neuen Kenntnisstand“, heißt es in der Meldung der Gematik von Sonntag, 12. Dezember, 14.30 Uhr. Die Gematik informiert über den jeweils aktuellen Stand auf ihrem Fachportal. Im Laufe des Montags gingen die meisten Anwendungen, so auch das Versichertenstammdatenmanagement, wieder ans Netz, wie die Gematik auf ihrem Twitter-Kanal informierte.
Laut BSI liegt die kritische Schwachstelle (Log4Shell) in der weit verbreiteten Java-Bibliothek Log4j und führt nach Einschätzung des Bundesamts am 11. Dezember 2021 zu einer extrem kritischen Bedrohungslage. Das BSI hat daher seine bestehende Cyber-Sicherheitswarnung auf die Warnstufe Rot hochgestuft. „Ursächlich für diese Einschätzung ist die sehr weite Verbreitung des betroffenen Produkts und die damit verbundenen Auswirkungen auf unzählige weitere Produkte. Die Schwachstelle ist zudem trivial ausnutzbar, ein Proof-of-Concept ist öffentlich verfügbar. Eine erfolgreiche Ausnutzung der Schwachstelle ermöglicht eine vollständige Übernahme des betroffenen Systems. Dem BSI sind welt- und deutschlandweite Massen-Scans sowie versuchte Kompromittierungen bekannt. Auch erste erfolgreiche Kompromittierungen werden öffentlich gemeldet“, heißt es weiter.
Log4j in vielen Produkten eingesetzt
Das ganze Ausmaß der Bedrohungslage sei nach Einschätzung des BSI aktuell nicht abschließend feststellbar. Zwar gebe es für die betroffene Java-Bibliothek Log4j ein Sicherheits-Update, allerdings müssen alle Produkte, die Log4j verwenden, ebenfalls angepasst werden. Zur Erläuterung heißt es weiter: „Eine Java-Bibliothek ist ein Software-Modul, das zur Umsetzung einer bestimmten Funktionalität in weiteren Produkten verwendet wird. Es ist daher oftmals tief in der Architektur von Software-Produkten verankert. Welche Produkte verwundbar sind und für welche es bereits Updates gibt, ist derzeit nicht vollständig überschaubar und daher im Einzelfall zu prüfen. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Tagen weitere Produkte als verwundbar erkannt werden.“
Betroffen sind auch Praxisverwaltungssoftware-Anbieter.
Das BSI empfiehlt insbesondere Unternehmen und Organisationen, die in der Cyber-Sicherheitswarnung skizzierten Abwehrmaßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus sollten die Detektions- und Reaktionsfähigkeiten kurzfristig erhöht werden, um die eigenen Systeme angemessen überwachen zu können. Sobald Updates für einzelne Produkte verfügbar sind, sollten diese eingespielt werden. Darüber hinaus sollten alle Systeme auf eine Kompromittierung untersucht werden, die verwundbar waren.
Auch Konnektoren und PVS können betroffen sein
Software-Experten wie Dr. Markus Heckner (zahnarztsoftware.de) haben bereits am Sonntag in Social Media über die Lücke und mögliche betroffene Komponenten und Programme berichtet. Danach scheint das kritische Modul auch in Konnektoren, in KIM-Diensten sowie in einigen PVS enthalten zu sein. Anwender sollten sich mit ihrem PVS-Anbieter in Verbindung setzen, bei einigen Produkten sind schon Updates des kritischen Moduls erfolgt. Auch der für die Praxis zuständige EDV-Techniker sollte zur Absicherung des Praxisnetzwerks befragt werden, gegebenenfalls sollte die Verbindung der wichtigen Rechner/Server zum Internet gekappt werden.
Seit Montagmorgen, 13. Dezember 2021, kommt es zu Störungen bei den TI-Anwendungen wie dem Versichertenstammdatenmanagement, die Konnektoren verbinden sich zum Beispiel nicht mit der TI. Eine Aufstellung, welche Dienste grundsätzlich funktionieren und welche nicht, bietet ein sogenanntes Montoring-Lagebild der TI. Allerdings gibt dieses nicht wieder, ob die Dienste aktuelle auch von jedem Teilnehmer genutzt werden können.
Aktualisiert am 13. Dezember 2021 um 14.45 Uhr um den aktuellen Stand der Gematik via Twitter. -Red.