Für ihre Verdienste in der zahnärztlichen Behandlung von Menschen mit Behinderungen haben Prof. Dr. Peter Cichon und Prof. Dr. Andreas Schulte von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) die Silberne Ehrennadel der Deutschen Zahnärzteschaft erhalten. Beide Zahnmediziner hätten sich in ihrer gesamten beruflichen Laufbahn nachhaltig der Behandlung von Menschen mit Beeinträchtigungen gewidmet und maßgeblich für die Implementierung dieser so schwierigen wie dankbaren Aufgabe im zahnärztlichen Behandlungsspektrum gesorgt, so die Begründung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe und der Bundeszahnärztekammer.
Jährlich nehmen rund 1.500 Patient:innen das Versorgungsangebot wahr
Die Behindertenorientierte Zahnmedizin (BOZ) hat an der UW/H seit den frühesten Jahren einen hohen Stellenwert. So hat die Universität dem zahnmedizinischen Fachgebiet als bis heute einzige Hochschule in Deutschland einen eigenen Lehrstuhl gewidmet und es damit zu einem integralen und verpflichtenden Bestandteil des Studiums gemacht. Der Stiftungslehrstuhl wurde durch die Software AG – Stiftung ermöglicht, die ihn seit seiner Besetzung mit Prof. Schulte im Jahre 2015 finanziert. Jedes Jahr werden rund 1.500 Menschen mit Behinderung in der universitären Zahnklink behandelt.
Vertrauensverhältnis besonders wichtig
Teil der Lehre ist es, Studierende für die unterschiedlichen Formen von Behinderungen zu sensibilisieren. Vor allem eine gelungene Kooperation zwischen Patientin oder Patient und Ärztin beziehungsweise Arzt sei für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend, sagt Zahnmediziner Prof. Dr. Andreas Schulte. Daher würde im Studium ein besonderer Fokus auf Kommunikation gelegt, um die Studierenden zu befähigen, flexibel und empathisch auf die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Patient:innen einzugehen. Das Wittener Konzept geht auf: So betreut die BOZ-Abteilung 90 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Behinderung mit Erfolg im Wachzustand, lediglich bei 10 Prozent ist eine Therapie in Vollnarkose erforderlich. Die zahnärztliche Therapie an der UW/H steht damit im Einklang mit der UN-Behindertenkonvention aus dem Jahre 2006, die die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung in der Gesundheitsversorgung fordert.
Bis heute sei eine inklusive Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderung in Deutschland kein Selbstverständnis, berichten einhellig Prof. Cichon und Prof. Schulte. „Für die Zukunft erwarten wir eine bessere Unterstützung unserer Arbeit seitens staatlicher Stellen und der Krankenkassen.“