0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
6083 Aufrufe

Londoner Studie liefert neue Erkenntnisse rund um den Pathomechanismus der Spaltenbildung

(c) malost/Shutterstock.com

Mutationen im CDH1-Gen können eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auslösen. Doch längst nicht alle Mutationsträger werden mit der Fehlbildung geboren. Eine Studie in Nature Communications (2023; DOI: 10.1038/s41467-023-38526-1) hat untersucht, wie Gene und Umweltfaktoren zusammenspielen. Das Ärzteblatt berichtete online am 19. Juni darüber.
Ausgangspunkt der Studie war eine Familie in Brasilien, in der auffällig viele Menschen mit der Spaltbildung im Gesichtsschädel geboren wurden. Als Ursache konnte eine Variante im CDH1-Gen ermittelt werden. Eine Fehlfunktion des dort gespeicherten Proteins E-Cadherin ist eine biologisch plausible Erklärung für die Spaltbildung.

Wenn der molekulare Kleber fehlt

E-Cadherin befindet sich auf der Zelloberfläche. Es wirkt dort wie ein molekularer Kleber, der Zellen miteinander verbindet. Das Protein wird auch in den Zellen aus der Neuralleiste gebildet, die während der Embryogenese von beiden Seiten des Gesichts aufeinander zuwachsen. Wenn sie in der Mitte aufeinander treffen, wird die Fuge von E-Cadherin verklebt. Das Ergebnis ist ein nahtloser Verschluss im Bereich von Lippen, Kiefer und Gaumen.

Originalpublikation: Alvizi, L., Nani, D., Brito, L.A. et al. Neural crest E-cadherin loss drives cleft lip/palate by epigenetic modulation via pro-inflammatory gene–environment interaction. Nat Commun 14, 2868 (2023), https://www.nature.com/articles/s41467-023-38526-1


In der Familie wird seit Generationen eine „Loss of Function“-Mutation vererbt. Sie führt dazu, dass der Klebstoff fehlt und sich eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bildet. Doch eine Analyse des Stammbaums ergab, dass längst nicht alle Genträger erkranken. Ein Team um Roberto Mayor vom University College London hatte eine Idee, woran dies liegen könnte. Bekannt ist, dass neben Genen auch Umweltfaktoren das Risiko auf eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte erhöhen. Neben Rauchen in der Schwangerschaft gehören auch ein Diabetes und eine Adipositas dazu.

Ohne Entzündung keine Spaltenbildung

Diabetes und Adipositas gehen mit einer vermehrten Entzündungsaktivität im Körper einher. Die Forscher haben deshalb den Einfluss von Entzündungsreizen an Mäusen und Fröschen untersucht. Sie fügten die „Loss of Function“-Mutation in das Erbgut der Tiere ein und beobachteten die embryonale Entwicklung. Zunächst gab es keine Auffälligkeiten. Dies änderte sich, wenn in den Embryonen durch bakterielle Lipopolysaccharide (LPS) ein Entzündungsreiz ausgelöst wurde.

Die Funktion der Zellen in der Neuralleiste war gestört, und es kam zur Spaltenbildung. Die wurde verhindert, wenn zusätzlich die Gene für den Tumornekrosefaktor alpha und seinen Rezeptor entfernt wurden. Dann entwickelte sich die Neuralleiste auch dann normal, wenn die Forscher LPS hinzugaben. Ohne Entzündung gab es keine Spaltenbildung.

„2-Hit-Interaktion“

Die Forscher konnten den Pathomechanismus weiter aufklären. Die Entzündungsreaktion hatte zu einer Hypermethylierung am CHD1-Gen geführt. Sie bewirkt, dass die Zellen das Gen nicht aktivieren und zur Bildung des Proteins nutzen können. Mayor geht von einer „2 Hit“-Interaktion aus. Der erste Schlag ist der Gendefekt, der zweite die Entzündungsreaktion.
Sein Ratschlag an Familien, in denen bereits Lippen-Kiefer-Gaumenspalten aufgetreten sind, wäre, dass die Schwangeren Stress meiden, Infektionen aus dem Weg gehen und sich möglichst gesund ernähren, um die negativen Auswirkungen von Adipositas und Diabetes zu vermeiden.

Quelle: Ärzteblatt Zahnmedizin Chirurgie

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
27. Nov. 2024

Millionenförderung: Individueller 3D-Druck für Patienten in der MKG-Chirurgie

Projekt der Uni Heidelberg gehört zum Aufbau von Industrie-in-Klinik-Plattformen zur Entwicklung innovativer Medizinprodukte
27. Nov. 2024

Die Zukunft der Aligner-Kieferorthopädie auf Rhodos diskutieren

Erleben Sie den 6. Kongress der European Aligner Society (EAS) in historischer Umgebung
26. Nov. 2024

Neue S3-Leitlinie „Intensivmedizin nach Polytrauma“

Jeder vierte Schwerstverletzte erleidet eine Gesichtsverletzung – MKG-Chirurgen in Primärversorgung gefragt
25. Nov. 2024

Mikrochirurgischer Zugangslappen mit intraoperativer Behandlung einer Wurzelresorption in der Oberkieferfront

Fallbeispiele aus dem neuen Buch von Dr. Otto Zuhr und Prof. Dr. Marc Hürzeler „Entscheidungsfindung im Spannungsfeld von Parodontologie und Implantattherapie“ (Teil 1)
22. Nov. 2024

Prof. Gerhard Schmalz ist Brandenburgs erster Zahnmedizin-Professor

Aus Leipzig an die MHB Theodor Fontane gewechselt – der Region schon länger verbunden
22. Nov. 2024

Neuer Name, bewährte Qualität

Coltene: Roeko Flexi Dam wird Teil der HySolate-Produktfamilie – künftig auch in Grün erhältlich
21. Nov. 2024

Der Beginn der „stillen Revolution“ in der Zahnheilkunde

Das Cerec-System: Von der Inlay-Maschine zur Netzwerk-Instanz (1) – Prof. em. Dr. Dr. Werner Mörmann skizzierte Status und Zukunft
19. Nov. 2024

Neuartige Kariostatika für langfristigen Zahnerhalt

Millerpreis für herausragende Forschung in der Zahnmedizin geht nach Regensburg