Aufgrund der demographischen Entwicklung und der guten zahnmedizinischen Versorgung steigt die Zahl der Patienten, die eine festsitzende Versorgung tragen, immer stärker an. Dennoch tragen 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine Teil- oder Totalprothese.
Egal, ob festsitzend oder herausnehmbar – bei den dritten Zähnen steht nicht nur die Wiederherstellung eines schönes Lächelns im Vordergrund, sondern auch die der Funktionalität. Schließlich haben die Zähne unser Leben lang eine besondere Aufgabe.
„Gut gekaut, ist halb verdaut“
Kiefer, Zunge, Speichel und insbesondere die Zähne haben die Aufgabe, die Nahrung ausreichend zu zerkleinern und zu vorzuverdauen. Nur dann kann unser Körper das Beste aus der Nahrung für sich herausziehen. Deshalb spielt eine gutsitzende Prothese nicht nur für die Ästhetik und die Aussprache eine wichtige Rolle, sondern vor allem auch für die Kaufähigkeit. Ein gründliches Kauen verbessert die Geschmackswahrnehmung sowie die wichtige Vital- und Nährstoffaufnahme.
Nur so können die Speicheldrüsen genügend enzymreichen Speichel produzieren, der für das Einspeicheln des Speisebreis wichtig ist und die Verdauung in Gang setzt. Fehlt dieser wichtige erste Verdauungsschritt durch das Verschlucken von zu großen Nahrungsstücken oder durch breiartige Speisen, kann es zu Verdauungsstörungen, Blähungen oder Völlegefühl und einer mangelnden Aufnahme vor Nährstoffen kommen. Dieser Mangel wiederum führt oftmals zu einem geschwächtes Immunsystem, welches gerade bei Senioren schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann. Der gute Sitz einer Prothese (zahnlos) und die Gesundheit der vorhandenen Restzähne sind daher elementar wichtig und müssen regelmäßig kontrolliert werden.
Häufige orale Erkrankungen bei Senioren
Gesunde und mobile Senioren, die in einem regelmäßigen Prophylaxe-Rhythmus sind, verfügen meist über eine recht gute Mundhygiene und Versorgung des Zahnersatzes. Anders sieht es jedoch bei gebrechlichen Personen, Pflegebedürftigen oder Heimbewohnern aus. Hier kommt es häufiger zu schlechtsitzenden Zahnprothesen, Zahnschmerzen, Mundtrockenheit oder einer verringerten Speichelbildung.
Folgende orale Erkrankungen oder Funktionsstörungen (bei Prothesenträgern) treten häufig auf:
- Prothesenstomatitis
- Kieferkammatrophie (Schlotterkamm)
- Mundschleimhautveränderungen
- Infektionskrankheiten der Schleimhäute wie Lichen planus
- CMD durch zu starken Abrieb der Prothesenzähne
- Mundtrockenheit aufgrund des altersbedingten Rückgangs der Speichelproduktion, von Medikamenten oder wenig kauaktiver Nahrung
- Knochennekrosen (als Nebenwirkung der Einnahme von Medikamenten gegen Osteoporose und Tumoren)
- Gestörte Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes durch Absplittern von Kunststoffteilen an der Prothese oder Abbrechen der Klammern
- Karies an den Klammerzähnen
- Halitosis
Pflege von Zahnersatz
Bei herausnehmbarem Zahnersatz bedarf es einer regelmäßigen Pflege der Schleimhäute und einer gründlichen Entfernung von Belägen an den Außen- und auf den Innenflächen der Prothese. Kommt es zur Ablagerung von Essensreste an und in der Prothese, stellt dies ein Reservoir für Mikroorganismen dar.
Diese Bakterienbelastung kann nicht nur zu einer verstärkter Entzündungsneigung im Mund und Mundgeruch, sondern zu einer starken Dysbiose des oralen Biofilmes führen. Diese kann bei immungeschwächten Personen auch das Risiko für allgemeinmedizinische Infektionen erhöhen, insbesondere für Infektionen der Atemwege.
Veränderungen an der Schleimhaut oder den Lippen
Bei der Prophylaxesitzung und oralen Inspektion sollte das zahnmedizinische Fachpersonal immer auch auf Veränderungen an der Schleimhaut oder den Lippen achten. Sind die Auffälligkeiten nach 14 Tagen nicht abgeheilt, ist eine Wiedervorstellung des Patienten in der Praxis oder das Informieren des behandelnden Zahnarztes erforderlich. Denn solche Veränderungen können unter Umständen zu Präkanzerosen und Tumoren führen.
Gleichzeitig sollte bei jeder Untersuchung die Prothese gereinigt und gegebenenfalls angepasst werden. Nur so lassen sich ein dauerhaft guter Sitz und Beschwerden des Patienten vermeiden.
Umsetzung des bestehenden Expertenstandards
Gerade bei älteren Menschen trägt die Mundgesundheit zum Wohlbefinden und der Lebensqualität bei. Darum ist es wichtig, dass auch das Fachpersonal in den Pflege- und Altenheimen bezüglich der Maßnahmen zur Förderung der Mundgesundheit umfangreich geschult wird. Seit 2021 gibt es hierfür auch einen Expertenstandard, der vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) entwickelt wurde. Doch die Umsetzung fällt vielen Mitarbeitern im Hinblick auf den hohen Zeitdruck und unzureichender Unterweisung noch schwer. Darum habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, das Fachpersonal in Zukunft mit meinem Wissen als erfahrene Dentalhygienikerin durch Schulungen zu unterstützen.
DH Birgit Schlee, Heilbronn
Birgit Schlee ist erfahrene Dentalhygienikerin, Referentin und Unternehmerin. Sie schult nicht nur Zahnarztpraxen in den Bereichen (Bio-)Prophylaxe und Nachhaltigkeit, sondern bietet auch spezielle Kurse zur Mundhygiene für Pflegefachkräfte gemäß Expertenstandard an.
Weitere Infos auch unter den Telefonnummern (0 71 31) 40 53 593 und (01 72) 6 27 68 67 sowie per Mail an info@schlee-dentalhygiene.de