Mehr als 250 interessierte Kolleginnen und Kollegen – absoluter Rekord – konnten die Organisatoren, der Quintessenz Verlag als Herausgeber der Zeitschrift Endodontie und der VDZE, zum ersten Fortbildungshöhepunkt des Jahres im Estrel Hotel in Berlin begrüßen (Abb. 1). Im Rahmen von „7Decades“, dem Jubiläumskongress des Quintessenz-Verlags, referierten hochkarätige nationale sowie internationale Redner aus Praxis und Wissenschaft zu aktuellen endodontischen Fragestellungen.
So erläuterte unter dem Titel „Diagnostik und Pathologie“ Shanon Patel (London, Großbritannien) die Vorteile der DVT. Dadurch, dass bereits vor Therapiebeginn eine vergleichsweise hohe Menge an Informationen verfügbar sind, würden die Entscheidungsfindung erleichtert und die Behandlungsplanung verbessert.
Fast jede zahnärztliche Maßnahme tangiert das endodontische System, und jährlich ca. zehn Millionen in Deutschland durchgeführte Wurzelkanalbehandlungen belegen den Stellenwert der Endodontie in der Zahnmedizin. Die Zeitschrift „Endodontie“ hält ihre Leser dazu „up to date“. Sie erscheint vier Mal im Jahr und bietet praxisrelevante Themen in Übersichtsartikeln, klinischen Fallschilderungen und wissenschaftlichen Studien. Auch neue Techniken und Materialien werden vorgestellt. Schwerpunkthefte zu praxisrelevanten Themen informieren detailliert über aktuelle Trends und ermöglichen eine umfassende Fortbildung.
Die „Endodontie“ ist offizielle Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET), des Verbandes Deutscher Zertifizierter Endodontologen (VDZE) und der Österreichischen Gesellschaft für Endodontie (ÖGE). Abonnenten erhalten kostenlosen Zugang zur Online-Version (rückwirkend ab 2003 im Archiv) und zur App-Version. Mehr Informationen zur Zeitschrift, zum Abonnement und kostenlosen Probeexemplaren im Quintessenz-Shop.Die neue Ausgabe der „Endodontie“ (1/2019) mit dem Schwerpunkt Bleichen erscheint zur IDS Anfang März 2019.
Zahlen, Daten, Materialien
Lars Bergmans (Leuven, Belgien) beleuchtete mit eindrucksvollen Fallbeispielen und histologischen Bildern die invasive zervikale Resorption. In der täglichen Praxis präsentiere sich diese – in der Regel asymptomatisch verlaufende – Resorption auch in wurzelkanalgefüllten Zähnen, wobei die Inzidenz ansteigt. Bergmans empfahl, sich bei den Therapieoptionen nicht nur an den Klassifikationen zu orientieren, sondern auch andere Faktoren wie etwa den Schmerz in die Überlegungen mit einzubeziehen.
Josette Camilleri (Birmingham, Großbritannien) berichtete über aktuelle Trends bei der Auswahl des richtigen Pulpaüberkappungsmaterials. Hydraulische Kalziumsilikatzemente seien den klassischen Kalziumhydroxidpräparaten hier deutlich überlegen. Domenico Ricucci (Cetraro, Italien) beeindruckte die Zuhörer mit Daten und vor allem mit histologischen Bildern zum Pulpagewebe und verdeutlichte die Reaktionen in Seitenkanälen, dem Pulpastumpf und im Parodontalspalt. Durch Anwendung der Patency-Technik käme es vor allem nach einer Vitalexstirpation zur Schädigung gesunden vitalen Gewebes.
Apikale Chirurgie
Zum Stand der Technik in der apikalen Chirurgie informierte Tom Schloss (Nürnberg). Bevor eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt wird, so die Empfehlung des Referenten, solle eine orthograde Revisionsbehandlung angestrebt werden. Ein DVT sei in kritischen Bereichen vor Behandlungsbeginn obligat. Für die Erfolgsrate sei die Unterscheidung zwischen traditionellen und mikrochirurgischen operativen Techniken wesentlich: mit letzteren ließen sich Erfolgsraten von annähernd 90 Prozent erreichen.
Mit Blick auf potenzielle Probleme beleuchtete Sebastian Bürklein (Münster) die Entwicklung „vom Riss zur Fraktur“. So liege die durchschnittliche Zeit bis zu einer etablierten vertikalen Wurzelfraktur bei etwa vier Jahren. Grundsätzlich seien Dentindefekte ein multikausales, komplexes, polymorphes Geschehen. Erst kumulatives Zusammenwirken führe zu Spannungsmaxima in der Wurzel und schließlich unter entsprechenden Umständen zur Wurzelfraktur. Ein Einflussfaktor seien nach wie vor die Wurzelkanalinstrumente, wobei wärmebehandelte Instrumente weniger Defekte verursachen als konventionelle. Auch die Arbeitslänge beeinflusse das Frakturrisiko, ebenso die Obturation. Definitiv würden geschraubte Stifte den Zahn schwächen. Bisher, so räumte der Referent ein, gibt es kein geeignetes Verfahren zum Nachweis der Existenz und der Detektion der initialen Dentindefekte. Die Studienlage sei heterogen und es fehle an Evidenz für die klinische Relevanz sowie den kausalen Zusammenhang der Mikro-Riss-Initiierung im Dentin durch spezielle Feileneigenschaften (Abb. 2). Über den aktuellen Stand der dentalen Traumatologie informierte Mitsuhiro Tsukiboshi (Aichi, Japan) anhand zahlreicher komplexer Fallbeispiele.
Endodontie und Komorbiditäten
Relevant für den Erfolg der endodontischen Therapie ist auch die Berücksichtigung allgemeinmedizinischer Komorbiditäten. Michael Hülsmann (Göttingen) und Edgar Schäfer (Münster) diskutierten diese Probleme anhand ausgewählter Behandlungsfälle. Neben Patienten unter Bisphosphonat-Medikation stellen organtransplantierte Patienten eine Risikogruppe dar. Elektrische Pulpatester sind bei Patienten mit Schrittmachern und Defibrillatoren kontraindiziert, sofern sie vom Hersteller nicht dezidiert freigegeben wurden. Ultraschall- und Endometriegeräte interferieren hingegen nicht.
Matthias Zehnder (Zürich, Schweiz) richtete den Blick auf Desinfektionsmittel. Bis heute sei Natriumhypochlorit das beste Mittel, um infiziertes Dentin zu reinigen. Mithilfe des von ihm mitentwickelten Dual Rinse HEDP seien gleichzeitig eine gute Desinfektion und die Auflösung des smear layer zu erreichen.
„Wir wissen längst noch nicht alles über den Biofilm im Wurzelkanal“ räumte Luc van der Sluis (Groningen, Niederlande) in Berlin ein. Fest stehe, dass eine Aktivierung einen besseren Effekt der Spüllösung erzielen kann. Ultraschall und Laser könnten die Reinigung und Desinfektion des Wurzelkanals noch verbessern, den Biofilm zu 100 Prozent zu entfernen, sei allerdings derzeit noch nicht möglich.
Maciej Zarow (Krakau, Polen) zeigte eine Vielzahl von wurzelkanalgefüllten Zähnen, die restaurativ versorgt wurden und wies darauf hin, dass speziell die Überkronung wurzelkanalbehandelter Frontzähne vermieden werden sollte und dass eine Wurzelkanalbehandlung immer auch aus funktioneller Sicht geplant werden sollte.
Daniel Edelhoff (München) verlieh dem Symposium einen „krönenden“ Abschluss. „Kronen sind nicht mehr zeitgemäß bei wurzelkanalbehandelten Zähnen“, stimmte er seinem Vorredner zu. Der gut restaurierte wurzelkanalbehandelte Zahn könne heute mit Implantaten konkurrieren, zumal die Häufigkeit postendodontischer Interventionen geringer ausfalle (Abb. 3).Quintessence Publishing, sfr