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Erste klinische, radiologische und histologische Ergebnisse

In seinem Beitrag für die Implantologie 3/18 analysiert Autor Dr. Tobias Pausch den Einsatz des Knochenersatzmaterials Symbios Biphasic Bone Graut Material (BGM) an drei Patientenfällen. Die retrospektive Analyse dieser Fallberichte evaluiert Implantatüberleben, Hart- und Weichgewebeveränderungen um OsseoSpeed EV Implantate nach periimplantärer Defektaugmentation mit dem alloplastischen Knochenersatzmaterial Symbios Biphasic Bone Graft Material (BGM). Material und Methoden: Bei drei Patienten mit ausgeprägten Alveolarkammdefekten erfolgte die Implantat­insertion mit simultaner oder präoperativer lappenfreier Defektaugmentation mit BGM als alleinigem Augmentat. Unterschiedliche Therapiekonzepte wurden angewendet (Sofortimplantation mit oder ohne Sofortversorgung, Alveolarkammprävention und spätere Implantation). Implantatüberleben, Knochenniveau beziehungsweise -volumen und Weichgewebeparameter wurden nach einem Nachbeobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr beurteilt. Im Fall der Spätimplantation konnte eine Biopsie des eingeheilten BGM histologisch untersucht werden. Ergebnisse: Kein Implantat ging im mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 21 Monaten verloren. Das mittlere periimplantäre Knochenniveau befand sich auf dem Niveau der Implantatschulter. Das orovestibuläre Knochenvolumen zeigte eine geringgradige Reduktion. Die mittlere Rezession reduzierte sich von 1 auf 0,3 mm. Der Pink Esthetic Score (PES) verbesserte sich im Mittel von 11,3 auf 12,7. Die mittlere Breite der keratinisierten Mukosa blieb unverändert. Die histologische Untersuchung des BGM zeigte nach vier Monaten eine weitgehende Durchbauung mit Knochen. Zusammenfassung: Das Implantatüberleben, das periimplantäre Knochenniveau und -volumen, die Weichgewebeparameter sowie die schnelle knöcherne Durchbauung lassen vermuten, dass das neue biphasische BGM zur periimplantären Augmentation erfolgreich eingesetzt werden kann.

In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Durch moderne implantologische Sofortkonzepte mit simultaner Hart- und Weichgewebeaugmentation kann heute neben dem Überleben der Implantate auch der weitgehende Erhalt des marginalen Knochen- und Weichgewebeniveaus gewährleistet werden1,2. Die Verwendung von autologem Knochen als Augmentationsmaterial für periimplantäre Knochendefekte ist aufgrund seiner osteoinduktiven und osteokonduktiven Eigenschaften bis dato der Goldstandard. Dennoch führen Entnahmemorbidität und begrenzte Verfügbarkeit zu der Frage, ob Knochenersatzmaterialien (KEM) gleichwertige Ergebnisse liefern können. Die grundsätzliche Augmentation des periimplan­tären Defekts mit KEM oder autologem Knochen führte zu einer höheren Implantat­überlebenswahrscheinlichkeit als ohne Augmentation3. Generell spielen drei Faktoren eine wichtige Rolle bei der Regeneration von Knochen in der Mundhöhle4:

  1. Zellen, die sich zu einer mineralisierten Matrix differenzieren können,
  2. Wachstumsfaktoren, die die regenerativen Prozesse einleiten und
  3. ein stabiles Gerüst, das den Defekt mechanisch stützt und die Einwanderung von Zellen aus der Peripherie und deren Wachstum und Proliferation unterstützt.

KEM werden heute in allen Indikationen der Parodontal- und Oralchirurgie eingesetzt, die Gleichwertigkeit zum autologen Knochentransplantat wurde bislang jedoch vorwiegend für die Sinusbodenelevation durch Studien untermauert, vertikale Augmentationen hingegen gelten dem autologen Transplantat vorbehalten5–7. Xenogene und bovine KEM haben sich in zahlreichen Studien bewährt und werden in vielen Indikationen erfolgreich angewandt8. Trotz geringster Wahrscheinlichkeit spielen Ängste vor Infektionen9 sowie religiöse Aspekte und eine vegan-vegetarische Lebensweise eine Rolle für eine zunehmenden Ablehnung dieser Materialgruppe.

Prospektive Studien mit Hydroxylapatit(HA)/­β-Trikalziumphosphat(TCP)-Gemischen zeigten bereits äquivalente Ergebnisse bei Sinusbodenelevation10 und gesteuerter Knochenregeneration (GBR)7 im Vergleich zu bovinen KEM. Bei mehrwandigen Defekten konnte bereits gezeigt werden, dass ein HA/β-TCP-Gemisch wie auch xenogenes KEM dem autologen Transplantat überlegen sind11.

Abb. 1 BGM vermischt mit PRF-Flüssigkeit.
Abb. 1 BGM vermischt mit PRF-Flüssigkeit.
BGM (Dentsply Sirona Implants) ist ein neues biphasisches, resorbierbares und anorganisches KEM (Abb. 1). Es wird durch hydrothermale Umwandlung aus Rotalgen gewonnen, wodurch die in den Algen vorhandene natürliche Porosität erhalten bleibt12–14. Es besteht als biphasische Mischkeramik zu 20 Prozent aus HA und zu 80 Prozent aus β-TCP. Aufgrund des hohen Anteils an TCP wird das Produkt deutlich schneller resorbiert als reines HA. Die spezielle Resorptionskinetik soll dazu führen, dass das Material nahezu vollständig resorbiert wird und dennoch ein stabiles Volumen während der Knochenneubildungsphase erhalten bleibt.

Diese Fallberichte beschreiben mögliche klinische Anwendungen für dieses neue innovative Knochenersatzmaterial. Die klinischen, radiolo­gischen und histologischen Ergebnisse im Rahmen von typischen implantologischen Therapiekonzepten werden de­tailliert vorgestellt.

Material und Methoden

Patientenk   

Im Zeitraum von November 2014 bis Juli 2016 wurden bei dre Patienten (1 Frau, 2 Männer, Durchschnittsalter 55 Jahre, Spanne 42 bis 72 Jahre) drei Astra Tech OsseoSpeed EV (n = 2) oder OsseoSpeed EV Profile (n = 1) Implantate inseriert.

Die Implantate wurden als Ersatz eines lateralen Schneidezahns, eines Eckzahns und eines ersten Molaren inseriert. Die Ursachen für den Zahnverlust waren eine Zerstörung des Zahns oder Längsfraktur der Wurzel. Zwei Implantationsstellen zeigten einen dünnen und eine einen dicken gingivalen Biotyp auf. Ein Implantat wies eine Länge von 13 mm, zwei eine Länge von 15 mm auf. Die Implantate wiesen einen Durchmesser von 4,2 mm (n = 2) und 5,4 mm (n = 1) auf. Alle Patienten waren Nichtraucher und allgemeinanamnestisch unauffällig. Bei allen Patienten wurde zur präoperativen Analyse des Knochenangebots eine digitale Volumentomografie (DVT) (KaVo Dental, 3D Exam) angefertigt. Zur perioperativen Infektionsprophylaxe erhielten die Patienten eine orale Antibiose (Clindamycin 300 mg, drei - bis viermal täglich, Augmentan 875/125 mg, zweimal täglich oder eine Kombination aus Ciprofloxacin und Metronidazol je zweimal 500 mg täglich), 1 Tag präoperativ beginnend bis 1 Woche postoperativ.

Fall 1

Die 42-jährige Patientin stellte sich 2015 nach einer Kronen-Wurzel-Fraktur des Zahns 13 vor. Der Zahn wies fazial stark erhöhte Sondierungstiefen und eine Wurzellängsfraktur auf (Abb. 2). Das präoperativ angefertigte DVT zeigte den ausgeprägten Defekt der fazialen Knochenlamelle (Abb. 3). Nach eingehender Aufklärung wurde die Wurzel schonend mit dem Benex Extractor System (Zepf) entfernt und die Alveole unter dem Operationsmikroskop ohne Perforation der fazialen Weichteile gründlich kürettiert und vollständig gereinigt. Das Implantatbett wurde im Kontakt zur palatinalen Alveolenwand aufbereitet und ein Osseo­Speed EV Profile Implantat (4.2 PC, Länge: 15 mm, Dentsply Sirona Implants) inseriert (Abb. 4). Der 12 mm tiefe bukkale Spaltraum zwischen Implantatoberfläche und Mukosa wurde mit BGM aufgefüllt. Auf die Verwendung einer Membran wurde im Hinblick auf die bessere Blutversorgung verzichtet. Die Operation erfolgte ohne jegliche Schnittführung und Lappenbildung. Das Implantat wurde mit einem nicht funktions­tragenden Sofortprovisorium auf einem TiDesign Abutment (Dentsply Sirona Implants) versorgt und mit den Nachbarzähnen für acht Wochen rigide mit einem Glasfasernetz zum Schutz vor unerwünschter Krafteinleitung (Ribbond THM) verblockt (Abb. 5). Nach vier Monaten mit reizfreier Einheilung wurde ein patientenindividuelles ­Atlantis Zirkonoxid-Abutment (Dentsply Sirona Implants) im Implantat definitiv fixiert und mit einer verblendeten Zirkonoxid-Krone versorgt (Abb. 7 und 8).

Fall 2

Der 51 Jahre alte Patient stellte sich im Jahr 2014 mit dem zerstörten Zahn 46 vor (Abb. 9 und 10). Nach eingehender Aufklärung über mögliche Therapiealternativen (Sofortimplantation, verzögerte Sofortimplantation oder Spätimplantation) erfolgte die Hemisektion und Entfernung des Zahns. Das Granulationsgewebe wurde aus der Alveole unter dem Operationsmikroskop entfernt. Die Implantatbettaufbereitung für ein parallelwandiges OsseoSpeed EV Implantat mit 5,4 mm Durchmesser erfolgte im interradikulären Septum. Das Implantat wurde zentral in die Alveole inseriert und leicht subkrestal ausgerichtet (Abb. 11). Nach Einschrauben eines schmalen Healing-Abutments (Healing Uni EV 5.4, Fa. Dentsply Sirona Implants) erfolgte die Augmentation der periimplantären Spalträume mit dem BGM (Abb. 12). Zum Verschluss der Alveole wurde das Healing-Abutment entfernt und ein HealDesign EV Abutment (Dentsply Sirona Implants) mit 6,5 mm Durchmesser eingebracht. Der marginale Restdefekt der Alveole wurde mit einer durch Zentrifugation patienteneigenen Blutes gewonnenen PRF-Membran gedeckt. Zur Sicherung des Augmentats kamen Matratzennähte nach ­Laurel zur Anwendung. Die OP erfolgte ohne jegliche Schnittführung und Lappenbildung.

Fall 3

Der 72 Jahre alte Patient stellte sich Anfang 2016 nach Verlust der Stiftkrone von Zahn 22 in der Praxis vor (Abb. 16). Der kariöse Wurzelrest wies keine ausreichende Restsubstanz für eine prothetische Neuversorgung auf. Das präoperative DVT zeigte eine periapikale Osteolyse und den Verlust der fazialen Knochenlamelle im apikalen Bereich (Abb. 17). Intraoperativ zeigte sich, dass kein ausreichendes Knochenangebot für die primärstabile Insertion eines Sofortimplantats vorhanden war. Nach Aufklärung des Patienten erfolgte die lappenfreie Augmentation des Alveolarkammdefekts mit dem BGM und die Abdeckung mit einer Symbios Kollagen Membran (Collagen Membrane SR, Dentsply Sirona Implants) (Abb. 18). Der Patient verzichtete auf eine provisorische Versorgung in der Einheilungsphase des Augmentats. Die Wundheilung verlief unauffällig bei initial geringgradiger Exposition der Kollagenmembran und vollständiger Schleimhautbedeckung nach zwei Monaten (Abb. 19). Der Patient spülte einmal täglich mit Chlorhexidindigluconat 0,2 Prozent.

Nach 4 Monaten wurde ein DVT der betroffenen Region angefertigt, welches die Integration des KEM vermuten ließ (Abb. 20). Basierend auf dem DVT-Datensatz und einem Modellscan wurde eine 3-D-Planung für eine Bohrschablone angefertigt. Die Bohrhülse wurde entsprechend einem Trepanbohrer mit einem Außendurchmesser mit 3,7 mm gewählt. Nach minimalinvasiver Lappenbildung wurde eine Biospie des augmentierten Bereichs durch eine geführte Bohrung gewonnen, die mit dem Trepanbohrer der histologischen Untersuchung zugeführt wurde. Danach erfolgte die Insertion eines konischen OsseoSpeed EV Implantats mit 4,2 mm Durchmesser. Nach intraoperativer Registrierung der Implantatposition mit einem Abformpfosten, der Bohrschablone und einem dualhärtenden Komposit konnte am selben Tag ein Sofortprovisorium auf einem TiDesign Abutment angefertigt und eingegliedert werden (Abb. 21). Das verschraubte Sofortprovisorium wurde mit den Nachbarzähnen für acht Wochen mit einem quervernetzten Glasfaserband (Ribbond THM) verblockt und wies keine okklusalen oder funktionellen Kontakte auf.

Nachuntersuchung und Definition der Bewertungskriterien

Die Patienten wurden klinisch und radiologisch präoperativ, zum Zeitpunkt der Implantatinsertion, vier Monate postoperativ bei der definitiven Versorgung sowie im jährlichen Rhythmus untersucht. eDer primäre Endpunkt dieser Analyse war das Implantatüberleben nach einer Nachuntersuchungszeit von mindestens einem Jahr.

Beurteilung der sekundären Ergebnisparameter

  • Das marginale Knochenniveau wurde mithilfe von digitalen Einzelzahnaufnahmen in Rechtwinkeltechnik beurteilt. Dabei wurde die vertikale Distanz zwischen Knochenniveau und Implantat­schulter mesial und distal gemessen. Ein Knochen­niveau koronal der Implantatschulter wurde als positiver Wert dokumentiert.
  • Das orovestibuläre Knochenvolumen wurde 1, 3 und 6 mm unter dem Implantatschulter- beziehungsweise Kieferkammniveau anhand von Sagittalaufnahmen von präoperativen und im Rahmen der Nachuntersuchung erstellten DVTs ermittelt.
  • Die Tiefe der mukogingivalen Rezession wurde durch die Distanz von der normalen Höhe der Schmelz-Zement-Grenze bis zum tiefsten Punkt der fazialen mukogingivalen Girlande gemessen.
  • Zur Beurteilung der Weichgewebeästhetik wurde der Pink Esthetic Scores (PES) nach Fürhauser15 angewendet und präoperativ und bei der finalen Nachuntersuchung evaluiert.
  • Die Breite der befestigten Gingiva/Mukosa am Zahn bzw. Implantat wurde mit einer millimeter­skalierten Parodontalsonde (PCPUNC157, Hu-Friedy) bestimmt.
  • An sechs Stellen (mesiofazial, fazial, distofazial, mesiooral, oral, distooral) wurden Sondierungstiefen am Implantat mit der Parodontalsonde erfasst.

Ergebnisse

Implantatüberleben

Alle Implantate heilten reizfrei ein und waren nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 20,6 ± 9,4 Monaten (Spanne 12 bis 31 Monate) in situ. Die prothetische Versorgung erfolgte nach 4 Monaten. Bei der definitiven Abformung waren einzelne, noch nicht umgebaute BGM-Partikel bei den Sofortimplantationen in der reizfreien, periimplantären Mukosa zu erkennen (Abb. 6 und 13).

Die Implantate wurden definitiv mit Abformpfosten und individuellem Löffel abgeformt. Als definitive Abutments wurden Atlantis Zirkonoxid- oder Titan-Abutments (Dentsply Implants) eingebracht und mit 25 Ncm Drehmoment fixiert. Keramikverblendete Zirkonoxid-Kronen bzw. VMK-Kronen wurden auf dem Abutment mit TempBond (Kerr) fixiert (Abb. 8, 14, 22).

Marginales Knochenniveau

Das mittlere periimplantäre Knochenniveau befand sich auf dem Niveau der Implantatschulter. Kein Implantat wies einen approximalen Knochendefekt auf.

Orovestibuläres Knochenvolumen

Vom Zeitpunkt der Augmentation mit dem BGM bis zur radiologischen Überprüfung nach einer Nachuntersuchungszeit von 17,7 ± 11,3 Monaten (Spanne 10 bis 31 Monate) reduzierte sich das orovestibuläre Volumen auf 1-mm-Niveau unter Kieferkamm-/Implantatschulter-Niveau um 3,7 Prozent (von 8,2 ± 1,6 mm auf 7,9 ± 2,0 mm), auf 3-mm-Niveau um 3,3 Prozent (von 8,7 ± 1,9 mm auf 9,0 ± 2,2 mm) und auf 6-mm-Niveau um 2,1 Prozent (von 9,6 ± 1,8 mm auf 9,4 ± 2,5 mm).

Bei der Sofortimplantation im Eckzahnbereich bei Defekt der fazialen Lamelle belegte das DVT nach 13 Monaten die vollständige Rekonstruktion der fazialen Knochenlamelle (Abb. 3 und 7). Das orovestibuläre Volumen reduzierte sich auf 1-mm-Niveau um 7,4 Prozent, auf 3-mm-Niveau um 0 Prozent und auf 6-mm-Niveau um 13,7 Prozent.

Im Fall der Molarensofortimplantation war nach 30 Monaten auf 1, 3 und 6 mm keine Resorption nachweisbar (Abb. 10 und 15).

Nach Kammprävention im Bereich des lateralen Inzisivus trat eine geringe Volumenreduktion auf. Das DVT sechs Monate nach Implantation und 10 Monate nach Kammprävention belegt eine stabile faziale Lamelle (Abb. 20 und 23). Das orovestibuläre Volumen reduzierte sich auf 1-mm-Niveau um 8,4 Prozent und auf 6-mm-Niveau um 0,9 Prozent Auf 3-mm-Niveau war keine Resorption festzustellen.

Mukogingivale Rezession

Die mittlere Rezession reduzierte sich von 1 mm präoperativ auf 0,3 mm bei der finalen Untersuchung.

Pink Esthetic Score nach Fürhauser

Der PES verbesserte sich im Mittel von 11,3 präoperativ auf 12,7 bei der letzten klinischen Nachuntersuchung.

Breite der befestigten Gingiva/Mukosa

Die mittlere Breite der keratinisierten Mukosa blieb von der präoperativen bis zur letzten klinischen Untersuchung unverändert.

Sondierungstiefen

Die mittlere Sondierungstiefe betrug vestibulär zwischen 2,3 und 2,7 mm und oral zwischen 2,7 und 3,5 mm.

Histologie

Abb. 24 Die 4 Monate nach Augmentation mit BGM gewonnene Knochenbiopsie zeigt den weitgehenden knöchernen Umbau des KEM bei wenigen persistierenden Hydroxylapatitgranula.
Abb. 24 Die 4 Monate nach Augmentation mit BGM gewonnene Knochenbiopsie zeigt den weitgehenden knöchernen Umbau des KEM bei wenigen persistierenden Hydroxylapatitgranula.
Die vier Monate nach Augmentation mit BGM gewonnene Knochenbiopsie wurde in der Knochendünnschlifftechnik nach Donath aufgearbeitet und zeigt eine nahezu komplette Auffüllung mit vitalem, sehr kompaktem Knochen sowie klar erkennbaren Kitt­linien des erfolgten Umbaus bei einem weitgehenden knöchernen Umbau des KEMs bis auf kleine umschriebene Restinseln an Fremdmaterial (Abb. 24). Vereinzelt sind noch HA-Granula nachweisbar, zudem zahlreiche Osteoblasten und die Bildung von sehr kompaktem Geflechtknochen mit vital angefärbten Osteozyten.

Diskussion

Diese Fallberichte beschreiben die erfolgreiche klinische Anwendung eines neuen biphasischen Knochenersatzmaterials zur periimplantären Defektaugmentation. Das marginale Knochenniveau blieb stabil auf dem Niveau der Implantatschulter und das orovestibuläre Knochenvolumen zeigte nur eine geringe Resorption.

Die gewonnene Biopsie des eingeheilten KEM belegte die Integration in den neu gebildeten spongiösen Knochen und ist im Einklang mit Erkenntnissen aus früheren Studien mit HA/β-TCP Präparaten7,10,11. Schwarz et al.10 verglichen in einer immunhistochemischen Untersuchung an Hunden ein synthetisches, biphasisches Kalziumphosphat mit 60 Prozent HA und 40 Prozent β-TCP (BoneCeramic, Straumann) mit dem xenogenen, bovinen Knochenersatzmaterial Bio-Oss Collagen (Geistlich). Beide Materialien erzielten nach einer, vier und neun Wochen Heilung äquivalente Ergebnisse nach GBR von Dehiszenz­defekten10. Cordaro et al.7 untersuchten in ihrer multizentrischen Studie die histomorphologischen Ergebnisse nach Sinusbodenelevation mit Bone­Ceramic und Bio-Oss. Beide Materialien zeigten vergleichbare Mengen an neu gebildetem Knochen mit ähnlichem histologischem Erscheinungsbild nach 180 bis 240 Tagen. Jedoch wies Bio-Oss mehr Kontakt zwischen neu gebildetem Knochen und Fremdmaterial sowie eine größere Menge an nicht resorbiertem Fremdmaterial auf. Es zeigte zudem weniger weichgewebliche Anteile im neu formierten Knochen7. Zafiropoulos et al.11 untersuchten die Regeneration intraossärer Defekte mittels GBR-Technik mit autologem Knochen sowie autologem Knochen vermischt mit Bio-Oss oder mit BoneCerami. Xenogenes und alloplastisches Material erzielten vergleichbar gute Ergebnisse nach 12 Monaten und waren der Gruppe, welche nur mit autologem Knochen augmentiert wurde, signifikant überlegen11.

Durch den hohen Anteil von TCP im hier untersuchten BGM zeigte sich histologisch nach vier Monaten bereits eine nahezu komplette Auffüllung mit vitalem, sehr kompaktem Knochen sowie klar erkennbaren Kittlinien des erfolgten Umbaus mit nur kleinen Restinseln an Fremdmaterial. Die Vorteile der schnelleren Resorption und Umbaus des BGM im Vergleich mit Materialien mit einem hohen HA-Anteil muss gegen den möglichen Nachteil der Volumenreduktion abgewogen werden, wobei dieser hier nach durchschnittlich 18 Monaten mit unter 5 Prozent als gering bezeichnet werden kann.

Nach Extraktion eines Zahns kommt es zu erheblichen Resorptionen des Alveolarkamms16,17, vor allem des bukkalen Bündelknochens18. Zur Knochen­neuformation und zum Erhalt des Alveolarkammprofils nach Zahnextraktion wurde KEM in Extraktionsalveolen eingebracht und in tierexperimentellen19 und humanen Studien untersucht. In einer tierexperimentellen Studie wurde die Kammprävention nach Prämolarenextraktion beim Hund mit Bio-Oss Collagen (Geistlich) im Vergleich zu keiner Defektfüllung untersucht. Nach sechs Monaten zeigte sich, dass das Einbringen von Bio-Oss Collagen in die Extraktions­alveolen als Gerüst für die Geweberegeneration diente, aber nicht die Knochenregeneration anregte. Im Vergleich mit der nicht augmentierten Seite war die Dimension und das Profil des Alveolarkamms auf der Bio-Oss-augmentierten Seite besser erhalten20.

Die Sofortimplantation in Extraktionsalveolen mit fazialem Knochendefekt wird in der Literatur widersprüchlich diskutiert. Verschiedene Autoren beschreiben, dass die typischen Voraussetzungen für eine Sofortimplantation und insbesondere eine Sofortversorgung bei fazialem Knochendefekt nicht gegeben sei21,22. Retro- und prospektive Studien zeigten hingegen, dass eine Sofortimplantation mit gleichzeitiger Rekonstruktion der defekten oder fehlenden fazialen Knochenlamelle mit autologem Knochen möglich ist. Sie stellt im Bezug auf Überlebensraten, marginales Knochenniveau und ästhetische Ergebnisse eine vorhersagbare Alternative zur verzögerten Sofortimplantation und der Spätimplantation dar1,23,24. Covani et al.25 konnten belegen, dass eine Sofortimplantation bei fazialem Verlust des Knochens mit einer Rekonstruktion mit einem porzinen KEM (Osteobiol, Fa. Tecnoss, Turin, Italien) mit oder ohne Lappenbildung voraussagbar möglich ist. Im vorliegendem Fall wurde entsprechend dem zuvor beschriebenen lappenfreien Behandlungskonzept sofortimplantiert und sofortversorgt. Einzig das autologe Augmentationsmaterial wurde hier durch das neue BGM ersetzt und führte zu einem günstigen klinischen und radiologischen Ergebnis.

Erste Studien zur Sofortimplantation in Extraktionsalveolen mehrwurzliger Zähne im Ober- und Unter­kiefer begannen 1989 und wurden von der Arbeitsgruppe um Schwartz-Arad durchgeführt26. Sie beschrieben die Molarensofortimplantation als vorhersagbare chirurgische Technik. Die meisten Implantate wurden jedoch nicht im interradikulären Septum inseriert, zudem lies man die Implantate vorwiegend geschlossen einheilen. Seitdem wurden laut Reviews von Atieh (2010)27 und Ketabi28 24 Studien zu diesem Thema publiziert. Dabei wurden 1.781 Molaren­sofortimplantate nachuntersucht und zeigten Überlebensraten von mehr als 98 Prozent. Darunter befanden sich auch Studien mit Kontrollgruppen, in denen Implantate in ausgeheilte Situationen inseriert wurden. In keiner dieser Untersuchungen konnte ein statistisch signifikanter Unterschied im Bezug auf das Implantatüberleben festgestellt werden27–32. Eine Modifikation der Technik wurde in der von Rebele et al. publizierten Fallserie beschrieben33. Um die technisch anspruchsvolle Aufbereitung des Implantatlagers im interradiku­lären Septum zu erleichtern, wurden die Molaren zunächst auf Gingivaniveau eingekürzt, um dann – durch die noch belassene Wurzel geführt – das Implantatlager aufbereiten zu können. Erst nach vollständiger Implantatbettaufbereitung im interradikulären Septum wurden die verbliebenen Wurzelanteile entfernt.

Eine klinische Untersuchung durch Arora et al. verglich Sofortimplantationen mit und ohne Verwendung von PRF als alleiniges Augmentat34. In der Testgruppe wurde der periimplantäre Spalt mit PRF aufgefüllt und danach plastisch gedeckt. In der Kontrollgruppe erfolgte keine Augmentation des periimplantären Spaltraums sondern lediglich eine plastische Deckung. Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass es in der Testgruppe zu keiner Schraubenexposition während der Einheilphase kam, wobei sich in der Kontrollgruppe dieses Phänomen bei 6 von 10 Fällen zeigte. Der PES war nach sechs Monaten in der Testgruppe signifikant besser. 12 Monate postoperativ angefertigte DVT-Aufnahmen zeigten, dass periimplantäre Spalträume mit mehr als 2 mm in der Testgruppe vollständig verknöchert waren, wobei diese in der Kontrollgruppe nach zwölf Monaten nicht knöchern durchbaut waren. Auch das marginale Knochenniveau war nach zwölf Monaten in der Testgruppe signifikant besser.

Die Vorteile der Sofortimplantation in Molarenextraktionsalveolen bestehen sowohl in der kürzeren Therapiedauer als auch in der reduzierten Anzahl chirurgischer Eingriffe, auch wenn die Sofortimplantation bei Molaren technisch anspruchsvoller ist als bei einwurzligen Zähnen35. Ob durch diese Technik das Volumen des Alveolarkamms besser erhalten werden kann, wie im vorliegenden Fall dokumentiert, muss in prospektiven Studien geprüft werden. Der Vergleich zwischen autologem Knochen und dem hier verwendeten BGM zur periimplantären Defektaugmentation bei Molarensofortimplantationen wird in einer prospektiven, randomisierten Studie seit mehr als zwei Jahren in der Klinik der Autoren untersucht.

Zusammenfassung

Die klinische Anwendung und die radiologische Untersuchung des neuen biphasischen, synthetischen BGM belegt, dass das Material zur Augmentation periimplantärer Knochendefekte geeignet zu sein scheint. Die bisherigen Resultate sind, mit der Einschränkung der geringen Fallzahl, bezüglich Erhalt des Knochenvolumens und marginaler Knochenstabilität günstig, auch wenn die Langzeit­stabilität in prospektiven, möglichst randomisierten, klinischen Studien geprüft werden muss. Die histo­logische Untersuchung aus dem vier Monate zuvor mit BGM augmentierten Bereichs zeigte große Anteile neu gebildeten Knochens und nur noch geringe Restmengen an HA.

Abkürzungen:

BGM Symbios Biphasic Bone Graft Material
DVT digitale Volumentomografie
HA Hydroxylapatit
GBR gesteuerte Knochenregeneration
KEM Knochenersatzmaterial
PES Pink Esthetic Score
PRF Plättchenreiches Fibrin
TCP Trikalziumphosphat
VMK Keramikverblenkkrone

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Ein Beitrag von Dr. med. dent. Tobias Pausch, Prof. Dr. Wilfried Wagner und PD Dr. Robert Nölken, alle Lindau

Quelle: Implantologie, Ausgabe 3/18 Implantologie Zahnmedizin

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