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Das Labor erfolgreich übergeben – Verkauf eines Dentallabors oder die Übertragung an Nachfolgende (2)

(c) sebra/Shutterstock.com

Ein Dentallabor zu verkaufen oder an eine Nachfolgerin/einen Nachfolger zu übergeben, ist eine Herausforderung. Markt, Erwartungen der jüngeren Generationen und auch die Besonderheiten des Gesundheits- und Dentalmarkts müssen hierbei beachtet werden. Die „üblichen“ Empfehlungen eines Verkaufs/einer Übergabe wie bei anderen Handwerksbetrieben oder Unternehmen greifen hier vielfach zu kurz. Dr. Karl-Heinz Schnieder und Moritz Pohlmeier geben in einer Folge von Beiträgen wichtige Einordnungen, Tipps und Hinweise für den erfolgreichen Betriebsübergang. Ging es im ersten Beitrag um die allgemeinen Rahmenbedingungen und Überlegungen, steht diesmal die Vorbereitung der Unterlagen, der sogenannte Verkaufsordner, im Fokus.

Eine umfassende Bewertung eines Dentallabors erfordert eine eingehende Analyse verschiedener Unterlagen und Verträge, die einen tiefen Einblick in die finanzielle, betriebliche und rechtliche Situation des Unternehmens bieten. Insbesondere die Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) der vergangenen drei Jahre und ein aktuelles Inventarverzeichnis spielen eine zentrale Rolle bei diesem Prozess.

Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR)

Die Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) ist ein grundlegendes Instrument, um die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Dentallabors zu bewerten. Diese Rechnung erfasst sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum, in der Regel ein Geschäftsjahr. Die EÜR umfasst typischerweise folgende Aspekte.

1. Einnahmen

  • Umsatzerlöse: Die Einnahmen aus dem Verkauf von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen. Im Fall eines Dentallabors umfasst dies die Einnahmen aus der Herstellung von Zahnersatz und anderen dentalen Produkten resultieren, wie Zinseinnahmen oder Erlöse aus dem Verkauf von Anlagevermögen.

2. Ausgaben

  • Material- und Rohstoffkosten: Die Kosten für die zur Produktion benötigten Materialien, Rohstoffe etc.
  • Personalkosten: Die Kosten für Angestellte, einschließlich Gehälter, Löhne, Sozialabgaben, Boni und Provisionen.
  • Miet- und Raumkosten: Die Kosten für die Anmietung von Geschäfts- oder Produktionsräumen.
  • Weitere Betriebskosten: Alle betrieblichen Aufwendungen wie Versicherungen, Werbung, Marketing, Bürobedarf und Verwaltungskosten.
  • Abschreibungen: Die Wertminderung von Anlagevermögen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge über deren Nutzungsdauer.
  • Zinsen und Finanzierungskosten: Die Kosten für Fremdkapital wie Zinsen für Kredite oder Darlehen.

3. Betriebliches Ergebnis

  • Das betriebliche Ergebnis ergibt sich aus der Differenz zwischen den Einnahmen und den betrieblichen Ausgaben. Es zeigt, ob das Dentallabor profitabel arbeitet, bevor außerordentliche und finanzielle Effekte berücksichtigt werden.

4. Außerordentliche Erträge und Aufwendungen

  • Hier werden ungewöhnliche oder einmalige Einnahmen und Ausgaben erfasst, die nicht zum regulären Geschäftsbetrieb gehören. Dazu zählen beispielsweise Gewinne aus dem Verkauf von Vermögenswerten oder außerplanmäßige Reparaturkosten.

5. Jahresüberschuss/-fehlbetrag

  • Der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag ist das Ergebnis nach Abzug aller Kosten und Steuern. Ein positives Ergebnis zeigt einen Gewinn an, während ein negatives Ergebnis auf einen Verlust hinweist.

Die Einnahmen-Überschussrechnung ist ein wichtiges Instrument zur Analyse der finanziellen Situation eines Dentallabors. Sie liefert Einblicke in die Einnahmequellen, Kostenstrukturen und Profitabilität des Unternehmens und dient als Grundlage für Entscheidungen in Bezug auf Finanzierung, Investitionen und Steuerplanung.

Das Inventarverzeichnis

Das Inventarverzeichnis eines Dentallabors bietet eine detaillierte Auflistung aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände, die für den Geschäftsbetrieb relevant sind. Aus diesem Verzeichnis lassen sich wichtige Informationen und Erkenntnisse ableiten, die für potenzielle Käufer, Investoren oder auch für interne Zwecke von großer Bedeutung sind. Hier sind einige Punkte, die sich aus dem Inventarverzeichnis ableiten lassen.

Wert des Vermögens: Das Inventarverzeichnis gibt Aufschluss über den Gesamtwert des Vermögens des Dentallabors. Dies umfasst Maschinen, Geräte, Instrumente, Materialien, Rohstoffe, Lagerbestände und immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente oder Lizenzen. Der Wert des Vermögens ist entscheidend für die Bewertung des Unternehmens und kann Einfluss auf Entscheidungen in Bezug auf Finanzierung und Investitionen haben.

Zustand der Anlagen und Ausrüstung: Durch das Inventarverzeichnis können potenzielle Käufer oder Investoren den Zustand der vorhandenen Anlagen und Ausrüstung des Dentallabors beurteilen. Sie können feststellen, ob die Ausrüstung gut gewartet wurde, ob Reparaturen oder Ersatzinvestitionen erforderlich sind und ob die Anlagen den aktuellen technologischen Anforderungen entsprechen.

Produktionskapazität und -effizienz: Anhand des Inventarverzeichnisses lässt sich ebenfalls die Produktionskapazität des Dentallabors einschätzen. Durch die Aufstellung von Maschinen, Geräten und Lagerbeständen können potenzielle Käufer oder Investoren die Fähigkeit des Labors beurteilen, die Nachfrage zu erfüllen und effizient zu produzieren.

Risikomanagement: Das Inventarverzeichnis ermöglicht es, potenzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Vermögen des Dentallabors zu identifizieren. Dazu gehören veraltete Ausrüstung, hohe Lagerbestände oder Abhängigkeiten von bestimmten Lieferanten. Ein umfassendes Verständnis dieser Risiken ist wichtig, um entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen.

Wert der immateriellen Vermögensgegenstände: Neben materiellen Vermögensgegenständen enthält das Inventarverzeichnis auch immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente, Lizenzen oder Markenrechte. Der Wert dieser immateriellen Vermögensgegenstände kann einen erheblichen Beitrag zum Gesamtwert des Dentallabors leisten und sollte entsprechend bewertet und geschützt werden.

Optimierung von Ressourcen: Durch eine detaillierte Analyse des Inventarverzeichnisses können Möglichkeiten zur Optimierung von Ressourcen identifiziert werden. Dies kann die Reduzierung von Lagerbeständen, die Modernisierung von Ausrüstung oder die Optimierung von Produktionsprozessen umfassen, um Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen zu erzielen.

Insgesamt liefert das Inventarverzeichnis eines Dentallabors wertvolle Einblicke und Informationen, die für eine fundierte Bewertung des Unternehmens und für strategische Entscheidungen von großer Bedeutung sind. Eine sorgfältige Analyse dieser Informationen kann dazu beitragen, die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Dentallabors zu verbessern und langfristigen Erfolg sicherzustellen.

Kundenbeziehungen

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Bewertung eines Dentallabors berücksichtigt werden sollte, sind die Kundenbeziehungen, insbesondere zu Zahnarztpraxen. Diese Beziehungen spielen eine entscheidende Rolle für den langfristigen Erfolg des Labors und können einen erheblichen Einfluss auf Umsätze und Profitabilität haben. Von erheblicher Bedeutung ist zwar, dass eine juristische Bindung der Praxen an das Labor, beispielsweise durch eine vertragliche Bezugsverpflichtung, unzulässig und auch nichtig ist, gleichwohl aber eine erhebliche „Labortreue“ unterstellt werden kann, insbesondere dann, wenn der Abgeber über den Abgabezeitpunkt hinaus noch mit dem Labor verbunden bleibt.

Kundenstammdaten und -beziehungen: Eine Analyse der Kundenstammdaten ermöglicht es, die Kundenbasis des Dentallabors zu verstehen und wichtige Einblicke in die Kundenstruktur und -präferenzen zu gewinnen. Dabei ist es besonders wichtig, die Beziehungen zu Zahnarztpraxen zu untersuchen, da diese in der Regel die Hauptabnehmer von dentalen Produkten und Dienstleistungen sind. Die Bewertung der Kundenbeziehungen kann Faktoren wie Kundenloyalität, Wiederholungsgeschäft, Kundenfeedback und Kundenzufriedenheit umfassen.

Verträge und Vereinbarungen: Die Überprüfung von Verträgen und Vereinbarungen mit Zahnarztpraxen ist von entscheidender Bedeutung, um langfristige Kundenbeziehungen zu sichern und mögliche Risiken zu identifizieren. Dazu gehören etwa Rahmenverträge, Liefervereinbarungen, Service Level Agreements (SLAs) und Preisvereinbarungen. Es ist wichtig zu prüfen, ob diese Verträge angemessen sind, die Interessen beider Parteien berücksichtigen und rechtliche Aspekte wie Haftung, Gewährleistung und Kündigungsbedingungen klar regeln.

Kundenbindung und -service: Die Qualität des Kundenservices und die Fähigkeit, Kundenbedürfnisse zu verstehen und zu erfüllen, sind entscheidende Faktoren für den langfristigen Erfolg eines Dentallabors. Eine Bewertung des Kundenbindungsmanagements und des Servicelevels kann Aufschluss darüber geben, wie gut das Labor in der Lage ist, Kundenbeziehungen aufzubauen, zu pflegen und auszubauen. Dies umfasst Aspekte wie die Reaktionszeit auf Anfragen, die Flexibilität bei Sonderwünschen, die Qualität der Kommunikation und die Fähigkeit, auf Kundenfeedback zu reagieren.

Wettbewerbsanalyse: Eine Analyse des Wettbewerbsumfelds kann helfen, die Positionierung des Dentallabors im Markt im Vergleich zu anderen Anbietern zu verstehen. Dabei ist es wichtig, die Kundenbasis und Kundenbeziehungen der Mitbewerber zu berücksichtigen und Potenziale für Differenzierung und Wettbewerbsvorteile zu identifizieren. Dies kann dazu beitragen, Strategien zur Kundenbindung und -gewinnung zu entwickeln und das Wachstumspotenzial des Labors zu maximieren.

Eine gründliche Auflistung und Bewertung der Kundenbeziehungen ist folglich entscheidend, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität eines Dentallabors darzustellen. Durch die Analyse von Kundenstammdaten, Verträgen, Kundenservice und Wettbewerbsumfeld können potenzielle Risiken identifiziert, Chancen erkannt und Strategien entwickelt werden, um die Kundenbindung zu stärken und das Geschäftswachstum voranzutreiben.

Weitere relevante Unterlagen und Verträge

Neben den genannten Unterlagen gibt es eine Vielzahl weiterer Dokumente und Verträge, die für die umfassende Bewertung eines Dentallabors von entscheidender Bedeutung sind und wichtige Einblicke in verschiedene Aspekte des Unternehmens liefern.

Steuererklärungen und Steuerbescheide: Die Analyse von Steuererklärungen und Steuerbescheiden ermöglicht es, die steuerliche Situation des Dentallabors zu verstehen. Dabei können nicht nur vergangene Steuerzahlungen und Rückstellungen überprüft werden, sondern auch mögliche steuerliche Risiken identifiziert werden, die zukünftige Entwicklungen des Unternehmens beeinflussen könnten.

Personal- und Mietverträge

  • Personalverträge: Die Überprüfung von Arbeitsverträgen und anderen Vereinbarungen mit Mitarbeitern liefert wichtige Informationen über die Personalstruktur, Arbeitsbedingungen und etwaige langfristige Verpflichtungen des Dentallabors. Dies ermöglicht eine Einschätzung der Personalkosten und -verfügbarkeit sowie potenzieller Risiken im Zusammenhang mit Arbeitsrechtsstreitigkeiten.
  • Mietverträge: Die Analyse von Mietverträgen für Geschäfts- oder Produktionsräume gibt Aufschluss über die langfristige Mietbelastung des Unternehmens sowie über mögliche Risiken im Zusammenhang mit Mietvertragsbedingungen, Standorten und Mietpreisentwicklungen.
  • Versicherungspolicen: Eine eingehende Prüfung der bestehenden Versicherungspolicen des Dentallabors ist unerlässlich, um potenzielle Risiken und den Versicherungsschutz des Unternehmens zu bewerten. Dazu gehören Haftpflichtversicherungen, Betriebsunterbrechungsversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen und andere Versicherungen, die speziell auf die Bedürfnisse eines Dentallabors zugeschnitten sind. Die Überprüfung von Deckungssummen, Selbstbehalten und Ausschlüssen kann dabei helfen, Lücken im Versicherungsschutz zu identifizieren, welche nach dem Verkauf des Dentallabors geschlossen werden müssen.

Unterlagen aktuell und strukturiert vorhalten

Für das Zusammenstellen all dieser Unterlagen sollte ausreichend Zeit eingeplant werden. Im Vorteil ist, wer in Zusammenarbeit zum Beispiel mit seinem Steuerberater und durch ein gutes internes Management/Buchhaltung alle relevanten Unterlagen und Daten strukturiert und schnell griffbereit hat und wichtige Verträge immer wieder auf Aktualität und Überarbeitungsbedarf prüft. Gerade „Kleinigkeiten“ wie Fristen und Regelungen im Mietvertrag, auslaufender Bestandsschutz, geänderte Vorschriften oder Nutzungsmöglichkeiten für Mietobjekte durch Gemeinden können eine auch wirtschaftlich erfolgreiche Betriebsübergabe deutlich erschweren.

Dr. Karl-Heinz Schnieder, Moritz Pohlmeier, Münster

Dr. Karl-Heinz Schnieder ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator (cfm). Nach seinem Studium war er zwei Jahre als Referatsleiter Recht der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe tätig, seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen.
Schnieder ist Geschäftsführender Partner der Rechtsanwaltskanzlei „KWM LAW“ mit Standorten in Münster, Berlin, Hamburg, Leizpig, Bielefeld und Nürnberg. Seit mehr als 25 Jahren ist er im deutschen Gesundheitswesen tätig, mit einem besonderen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des Dentalrechts. Hier betreut er Praxen, Industrie und Labore in allen Bereichen des Vertrags-, des Kooperations-, des Honorar- und des allgemeinen Medizinrechts.
Schnieder ist auch als Autor und Referent tätig mit zahlreichen Publikationen zum Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztrecht und Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e.V. Seit April 2023 ist er gemeinsam mit Dr. Marion Marschall, Quintessenz Verlag, Gastgeber beim Podcast „Dental Minds“. Als Jurist ist er unter anderem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein; der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen.
Der Netzwerkverbund „ Gesundheitsregion-Stadt e.V.“ (www.gesundheitsregion-deutschland.de) wurde von ihm entwickelt; er ist Vorsitzender der Gesundheitsregion Münster e.V. und Mitglied der Netzwerkpartnerschaft „ Neue Versorgungsstrukturen“  der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Kontakt zum Autor unter schnieder@kwm-law.de oder über seine Social-Media-Präsenzen auf LinkedIn, Facebook und Instagram. (Foto: KWM LAW)

Moritz Pohlmeier studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen und befasste sich bereits während des Studiums im Rahmen seiner Studien- und Seminararbeit mit medizinrechtlichen Fragestellungen. Nach Abschluss seines Studiums war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Healthcare-Abteilung einer internationalen Großkanzlei in Düsseldorf. Im Anschluss an sein Referendariat kehrte Moritz Pohlmeier 2021 in seine Heimatstadt Münster zurück. Hier ist er seitdem als Rechtsanwalt bei KWM LAW tätig und absolviert derzeit berufsbegleitend den medizinrechtlichen Masterstudiengang der JurGrad Universität Münster. Kontakt zum Autor unter pohlmeier@kwm-law.de. (Foto: KWM LAW)

Quelle: KWM LAW/Quintessence News Unternehmen Dentallabor Zahntechnik Wirtschaft

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