Der Deutsche Bundestag hat auf Empfehlung des Gesundheitsausschusses Ende Mai mit der Mehrheit der Ampel-Koalition einen Antrag der Unionsparteien abgelehnt, mit dem die Vergütung zahntechnischer Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung verbessert werden sollte. Zu diesem Antrag hatte es Ende April auch eine Anhörung im Gesundheitsausschuss gegeben.
Die Präsidentin und die Referatsleiterin Zahntechnik im Verband medizinischer Fachberufe e.V., Hannelore König und Karola Will, beziehen zur Ablehnung des Antrage der Fraktion CDU/CSU „Zahntechnikerhandwerk in Deutschland zur Sicherstellung der Patientinnen- und Patientenversorgung unterstützen und zukunftsfest machen“ (BT-Drucksache 20/4884) durch die Ampelkoalition kritisch Stellung. „Wir sind entsetzt über die Ignoranz der Ampel-Koalition. Damit bleibt die Preis- und Lohnentwicklung im Zahntechnikerhandwerk weiterhin von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Laut Koalitionsvereinbarung will die Bundesregierung als Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit mehr Fortschritt wagen. Diese Entscheidung ist das Gegenteil. Sie schränkt die freiheitliche wirtschaftliche Entwicklung in der Zahntechnik ein, sie ist weder gerecht noch nachhaltig. Darüber hinaus gefährdet sie die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Zahnersatz und dessen Instandsetzung insbesondere im ländlichen Raum.“
Niedrige Gehälter, kritische Personalsituation
Beide kritisieren weiter, dass die Koalition keine Maßnahmen zur Fachkräftesicherung gegen den Personalmangel – wie im Koalitionsvertrag beschlossen – ergreift, sondern vielmehr Zahntechnikerinnen und Zahntechniker so in andere Branchen treibe. S„chon jetzt gefährdet der Personalmangel im Zahntechnikerhandwerk die Qualität der Gesundheit in Deutschland“, konstatieren König und Will. Das mittlere Bruttoentgelt in Vollzeit liegte für die hoch qualifizierten Fachkräfte in der Zahntechnik mit 2.735 Euro (2021) nur knapp über der Niedriglohnschwelle und führe somit geradeaus in die Altersarmut. „Damit ist die Entscheidung der Koalitionsparteien ein Affront gegen das Zahntechnikerhandwerk und führt jegliche Fachkräftestrategie ad absurdum“, halten beide fest.
Strukturelle Maßnahmen für stabile Finanzlage erforderlich
Begründet wurde die Ablehnung hauptsächlich damit, dass der Antrag der CDU/CSU-Fraktion keine Vorschläge zur Refinanzierung der zusätzlichen Kosten enthalten habe. „Uns ist bewusst, dass die Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) konsolidiert werden müssen, doch Zahnersatz betrifft 1,5 Prozent der Gesamtausgaben (Stand 2021). Um die Finanzlage der GKV zu stabilisieren, müssen weitreichendere Maßnahmen ergriffen werden, wie die Anhebung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds zur vollständigen Refinanzierung aller versicherungsfremden Leistungen in der GKV. Laut einer Studie der BKV e.V. würde allein diese Maßnahme bis zu 42 Milliarden Euro Entlastung jährlich bringen.“
Weltfremde Begründung zum Thema Digitalisierung
Auch mit der Begründung gehen beide für den Verband, der auch angestellte Zahntechnikerinnen und Zahntechniker vertritt, ins Gericht: „Während in der Ablehnungsbegründung der Ampel die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP noch Verständnis und Wertschätzung für das Zahntechnikerhandwerk zum Ausdruck bringen, zeigt die Fraktion SPD völlige Ignoranz und wenig Sachverstand. Sie sieht vielmehr ein ernsthaftes Zukunftsproblem für das Zahntechnikhandwerk, falls es versäumt werde, sich mit dem technischen Fortschritt wie 3-D-Druck und Künstliche Intelligenz auseinanderzusetzen. Was das Zahntechnikerhandwerk diesbezüglich bereits geleistet hat, wird dabei völlig vergessen. Außerdem bietet das Abrechnungs-Regelwerk mit den Krankenkassen keine direkte Berücksichtigung digitaler Techniken an. So ist einerseits offen, wie hoch der Digitalisierungsgrad tatsächlich ist. Andererseits können sich vor allem kleinere Dentallabore in Regionen mit geringer Kaufkraft digitale Investitionen aufgrund der festgelegten Preisentwicklung viel weniger leisten.“
Der Umgang der Koalitionsparteien mit dem Gesundheitshandwerk Zahntechnik werde sich unmittelbar auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten auswirken und an ihren Zähnen deutlich sichtbar sein. „Damit treibt diese Politik die Gesundheitsversorgung weiter in eine Zwei-Klassen-Medizin.“
Aktuell läuft noch bis 18. Juni 2023 eine Umfrage unter angestellten Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern zur Gehalts- und Arbeitssituation im Zahntechnikerhandwerk.