Dank seines Engagements ist die Herbst-Apparatur heute eines der am besten untersuchten kieferorthopädischen Behandlungsgeräte: Prof. Dr. Hans Pancherz widmete viele Jahre seines beruflichen und wissenschaftlichen Lebens diesem Gerät. Gerade erst ist ein neues Buch dazu im Quintessenz Verlag erschienen.
Leider hat Professor Pancherz das Erscheinen beziehungsweise den Erfolg seines Buches nicht mehr erlebt – er ist, wie kürzlich bekannt wurde, am 5. März 2023 im Alter von 83 Jahren gestorben. Er leitet fast 20 Jahre, bis 2005, die Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Gießen.
Von Bogotá über Schweden nach Gießen
Hans Pancherz wurde im Dezember 1939 in Bogotá, Kolumbien, geboren und wuchs in Dessau auf. 1948 wanderte die Familie nach Schweden aus, wo Hans Pancherz 1959 in Malmö sein Abitur ablegte. Nach drei Semestern Studium der Statistik, Psychologie und Genetik wechselte er zur Zahnmedizin. Nach dem Abschluss des Studiums der Zahnheilkunde an der Odontologischen Fakultät der Universität Lund in Malmö im Jahr 1965 arbeitete er zunächst drei Jahre lang in einer allgemeinzahnmedizinischen Praxis, bevor er eine Ausbildung zum Fachzahnarzt in Kieferorthopädie absolvierte.
Von 1975 bis 1985 war Prof. Pancherz als Oberarzt an der Odontologischen Fakultät der Universität Lund in Malmö tätig, wo er sich im Jahr 1976 habilitierte. 1985 erfolgte dann die Berufung auf die Professur für Kieferorthopädie an die Justus-Liebig-Universität Gießen.
Die Herbst-Apparatur schon in Malmö kennengelernt
Sein wissenschaftliches Spezialgebiet war die „Herbst-Apparatur“, ein Behandlungsgerät, das er bereits in den 1970er-Jahren in Malmö kennengelernt hatte. Systematisch untersuchte er die Effekte dieser Apparatur und schuf damit die Grundlage für eine heute international anerkannte Behandlungsmethode. „Prof. Dr. Hans Pancherz machte die Herbst-Apparatur zu dem kieferorthopädischen Behandlungsgerät, das am eingehendsten untersucht wurde“, schrieb die Universität Gießen anlässlich des Symposiums zu seinem Ausscheiden aus der Universität im Februar 2005. Weitere Forschungsschwerpunkte waren kieferorthopädische Langzeiteffekte, Elektromyographie der Kaumuskulatur, Kiefergelenkfunktion, Kephalometrie sowie Gesichtsmorphologie und -ästhetik. Professor Pancherz hat 180 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht, von denen sich 101 mit der Herbst-Apparatur befassen. Er wurde als Referent zu mehr als 200 nationalen und internationalen Konferenzen auf der ganzen Welt eingeladen und hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten.
Standardwerke zur Herbst-Apparatur
Bereits 2008 erschien im Quintessenz Verlag ein Buch von Pancherz und seiner langjährigen Kollegin und Schülerin Prof. Dr. Sabine Ruf, die inzwischen Direktorin der Abteilung für Kieferorthopädie in Gießen ist, mit dem Titel „The Herbst Appliance. Research-based Clinical Management“, das inzwischen vergriffen ist. Seit einiger Zeit hatte er an einem Nachfolgebuch gearbeitet, das unter dem Titel „Die Herbst-Apparatur. Erfolgreiche Behandlung von Klasse-II-Dysgnathien“ ganz neu vorliegt. Prof. Pancherz gehörte zu den langjährigen Autoren des Quintessenz Verlags, sein letzter Zeitschriftenbeitrag ist erst in der Ausgabe 1/23 der „Kieferorthopädie“ erschienen, zu deren sehr aktiven Autoren er gehörte.
Der Quintessenz Verlag, die Verlegerfamilie Haase und die Chefredakteure und das Editorial Board der Zeitschrift „Kieferorthopädie“ trauern mit der Familie um einen engagierten Autor, inspirierenden Wissenschaftler und langjährigen, prägenden Begleiter des spannenden Fachgebiets Kieferorthopädie. Es ist schade, dass er den Erfolg seines neuen Buches nun nicht mehr selbst erleben kann, mit dem er erneut einen wichtigen fachlichen Meilenstein für die Kieferorthopädie und die Herbst-Apparatur gesetzt hat.
Mit Material der Universität Gießen.