Den Auftakt machte die Digitalisierung: Mit Vorträgen und einer Podiumsdiskussion zu diesem Thema startete am 10. Oktober 2019 die diesjährige Hauptversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) in Radebeul bei Dresden.
Auch für die Zahnärzteschaft geht kein Weg an digitalen Innovationen vorbei. Allerdings müssen die Abläufe immer auf ihren Nutzen zum Wohle der Patienten überprüft werden, so der Tenor. Einer Totalverweigerung von Digitalisierung und Gesundheitstelematik wurde von allen Rednern eine klare Absage erteilt – der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer, richtete in seinem Grußwort an die Delegierten den dringenden Appell, sich mit einem klaren Ja zur Digitalisierung und zur Mitgestaltung durch die Zahnärzteschaft zu positionieren. Die Digitalisierung und neue Anwendungen der Gesundheitstelematik werde den Praxen viele Möglichkeiten eröffnen, von Bürokratie entlastet zu werden.
Mitgestalten und mitdiskutieren
Dass es tatsächlich gerade jetzt viele Chancen für die Zahnärzte gebe, mitzugestalten, machte Julia Hagen vom Health Innovation Hub (hih), dem an das Bundesministerium für Gesundheit angedockten „Think Tank“ für digitale Gesundheitslösungen, deutlich. Das hih verstehe sich als unabhängiger und durchaus kritischer Ideen- und Informationsmittler zwischen Politik, Entwicklern und Anwendern. Sie kündigte an, dass schon bald bundesweit mit Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Informations- und Diskussionsveranstaltungen für Ärzte und Zahnärzte veranstaltet werden, bei denen Ideen, Anregungen und Wünsche aus der Praxis für neue Anwendungen wie die elektronische Patientenakte gesammelt werden sollen. Sie rief ausdrücklich dazu auf, sich an der politischen und inhaltlichen Diskussion zu beteiligen. Nur an der Praxis orientierte und praxistaugliche E-Health-Anwendungen würden am Ende für alle Seiten Nutzen bringen. Das Versichertenstammdatenmanagement als erste TI-Anwendung sei hier nicht der beste Start gewesen.
„Was passiert mit den Daten?“
„Digitale Nutzenanwendungen sind für uns nichts Neues, das machen wir seit 30 Jahren“, erklärte der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader. „Aber was ist mit der digitalen Kommunikation? Was passiert mit den Daten, wenn sie unsere Praxis verlassen haben“, fragte Schrader. Diese Frage beschäftigte viele der Mitdiskutanten aus dem Publikum, ebenso die Haftungsfragen bei der TI-Anbindung und weiteren TI-Anwendungen. Dabei wurde deutlich, dass hier noch viel Informationsbedarf besteht und die politisch forcierten E-Health-Projekte an der Realität der Praxis vorbeigehen. Das fängt schon bei einer ausreichenden Netzanbindung an.
Konstruktiv mit dem Thema umgehen
Der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges räumte ein, das deutsche Gesundheitswesen sei digital unterentwickelt, betonte aber, dass die Digitalisierung Möglichkeiten für eine Verbesserung der Versorgung und Erleichterungen auch für die Zahnärzte bringe, so die sichere Kommunikation im Netz. Aber mit dem Thema müsse man konstruktiv umgehen.
Datensicherheit an erster Stelle
Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer ergänzte: „Bei aller Digitaleuphorie muss die Datensicherheit immer an oberster Stelle stehen.“ Der Präsident des Zahnärztlichen Interessenverbandes Österreichs, MR DDr. Claudius Ratschew, berichtete in einem unterhaltsamen Vortrag von den gemischten Erfahrungen mit nicht ausgereiften Lösungen aus dem Nachbarland und forderte. „Wir müssen entscheiden, was sinnvoll ist und was nicht. Wir brauchen Funktionen, die unsere tägliche Arbeit unterstützen, und wollen gestalten, nicht gestaltet werden.“ Er machte aber auch klar, dass für ihn eine gut strukturierte elektronische Patientenakte durchaus Vorteile bringe, wenn darauf die für die zahnärztliche Behandlung wichtigen Informationen hinterlegt sind.
Strategie der politischen Arbeit des FVDZ
Im Bericht des Vorstands dankte der Bundesvorsitzende Harald Schrader der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer für die erfolgreiche und konstruktive Zusammenarbeit, die auf der politischen Ebene Früchte getragen habe, so beim Thema Investoren-Z-MVZ im TSVG. Er unterstrich noch einmal, was auch Eßer in seiner Begrüßung aus gegebenem Anlass betont hatte: Eine Zusammenarbeit oder Tätigkeit als Zahnarzt für Fremdinvestoren sei mit einem Mandat oder einer hauptamtlichen Tätigkeit in der zahnärztlichen Standespolitik und den Zielen des Freien Verbands nicht vereinbar.
„Dialog und Widerstand“ laute die derzeitige Strategie der politischen Arbeit des Verbands, so Schrader. „Wir wollen zuerst im Dialog mit allen Beteiligten um Lösungen im Interesse der Zahnärzteschaft ringen. Wenn dieser Dialog nicht zum Ziel führt oder nicht möglich ist, dann werden wir aktiven Widerstand leisten, wenn Interessen der Zahnärzteschaft auf dem Spiel stehen“, so Schrader dazu.
Suche nach Optionen bei der Gebührenordnung
Beim Thema Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) erläuterte die stellvertretende Bundesvorsitzende Gudrun Kaps-Richter die Position des FVDZ-Vorstands, der vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Honorarordnung der Architekten die Optionen für andere Hebel, mit denen neben einer möglicherweise vereinheitlichten Gebührenordnung Raum für die freie Vereinbarung der Honorare in der Zahnmedizin bliebe. Dazu lag vom Vorstand ein entsprechender Antrag vor.
Dies sei nicht gegen die Bundeszahnärztekammer gerichtet, die man im Kampf um eine Punktwertanpassung und idealerweise einer verankerten regelmäßigen Aktualisierung der GOZ unterstütze, so Kaps-Richter.
Fokus Existenzgründer
Berichtet wurde von weiteren Mitgliedern des Bundesvorstands und des Studierendenparlaments sowie vom Geschäftsführer Heinrich Bolz unter anderem zum Stand der Genossenschaftsidee, zum Existenzgründerprogramm, zur Europapolitik und zu verbandsinternen Themen wie Kongresse und Angebote und noch einmal zur Digitalisierung. So ist der FV in Zusammenarbeit mit „Zahnarztpraxis der Zukunft“ (ZPdZ) in Thüringen dabei, in einer ländlichen Region eine neue Zahnarztpraxis zu etablieren. Die verschiedenen Aktivitäten des Verbands in Richtung Existenzgründer und Beratung für die Mitglieder sollen hier ineinandergreifen und Zahnärztinnen und Zahnärztinnen bei der Wahl des für sie passenden Berufswegs und in der niedergelassenen Tätigkeit unterstützen.
Bundesvorsitzender mit großer Mehrheit im Amt bestätigt
Mit einem überzeugenden Votum ist der Bundesvorstand des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) von der Hauptversammlung in Radebeul für die Legislaturperiode 2019 bis 2021 gewählt worden.
Der Bundesvorsitzende Harald Schrader wurde von den Delegierten mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt und erhielt 151 von 160 abgegebenen Stimmen. Das sind 94,3 Prozent. „Das gibt mir Kraft, das gibt mir Motivation. Es ist ein starkes Zeichen für den ganzen Verband, um den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen: für eine Öffnung nach Europa und die noch stärkere Einbindung jüngerer Kolleginnen und Kollegen“, sagte Schrader nach dem starken Votum. Mit großer Mehrheit wählten die Delegierten auch Dr. Gudrun Kaps-Richter und Dr. Peter Bührens erneut als stellvertretende Vorsitzende in den Geschäftsführenden FVDZ-Bundesvorstand.
Wiedergewählt für den Bundesvorstand wurden: Dr. Christian Öttl, Bertram Steiner, Dr. Thomas Wolf, Drs (NL) Hub van Rijt, Dr. Eckhard Jung. Neu in den Vorstand berief die Hauptversammlung Dr. Jeannine Bonaventura, Dr. Stefanie Marxkors und Dr. Frank Wuchold. Auch Versammlungsleiter Dr. Konrad Koch wurde mit großer Mehrheit bestätigt. „Ich freue mich auf die Arbeit mit diesem Team und darauf, dass wir die Schlagkraft des Verbandes weiter erhöhen“, sagte FVDZ-Bundesvorsitzender Harald Schrader nach der Wahl.
Am Freitag und Samstag standen unter anderem noch die Themen Personal – mit einem Vortrag von Sylvia Gabel, Leiterin des Referats Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r des Verbands medizinischer Fachberufe – und Neuwahlen zum Vorstand auf dem Programm. Zu allen Fachthemen liegen den Delegierten eine Reihe von Anträgen aus dem Bundesvorstand sowie aus den Landesverbänden vor, die diskutiert und abgestimmt werden sollen. Der Anteil von Frauen an den Delegierten hat sich gegenüber früheren Jahren sichtbar erhöht, auch waren zahlreiche junge Frauen und Männer aus den Reihen der studentischen Mitglieder des FVDZ anwesend. Sie tagten am Freitag im eigenen Studierendenparlament des FVDZ. (Marion Marschall, QN/FVDZ)
Aktualisiert am 12. Oktober 2019 um 20.45 Uhr.