Die Berichterstattung über Großinvestoren, die verstärkt auf den deutschen Dentalmarkt drängen und hier Praxen und Dentallabore kaufen mit dem Ziel, Zahnarzt- und Laborketten aufzubauen, beschäftigt auch den Freien Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ). Zuletzt hatte in dieser Woche „Spiegel online“ über die Aktivitäten verschiedener Investoren berichtet.
Merkantilisierung schadet Zahnarzt-Patienten-Beziehung
Der FVDZ sehe die aktuelle Entwicklung des Einstiegs von Finanzinvestoren in Zahnarztpraxen mit großer Sorge. „Keinem der in dem Spiegel-Artikel genannten Großinvestoren geht es um eine Qualitätsverbesserung, es geht ausschließlich darum, eine möglichst hohe Rendite abzuschöpfen“, macht der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader deutlich. „Diese Form der Merkantilisierung schadet nicht nur dem Gesundheitswesen und den niedergelassenen Praxen, sondern vor allem einer vertrauensvollen Zahnarzt-Patienten-Beziehung. Zahnärzte sind keine Gewerbetreibenden, sondern Heilberufler.“
Aufkauf von Krankenhäusern zur MVZ-Gründung
Rechtlich ist die Gründung einer Zahnarztpraxis nach wie vor ausschließlich Zahnärzten vorbehalten, allerdings bedienen sich Großinvestoren mehr und mehr des Vehikels des Aufkaufs finanzschwacher Krankenhäuser, um über diese dann ein MVZ zu gründen, erläutert der FVDZ. Diese rechtliche Möglichkeit der Gründung sogenannter arztgruppengleicher MVZ hat der Gesetzgeber 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz geschaffen.
Gesetzgeber verfehlt beabsichtigtes Ziel
Drei Jahre später zeige sich nun: Die Regelung hat das Gegenteil von dem erreicht, was der Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt hatte. Statt einer Verbesserung der Versorgung in ländlichen Gebieten zeichne sich eine starke regionale Konzentration der MVZ ab: „Rund 80 Prozent der rein zahnärztlichen MVZ haben sich bisher in städtischen Gebieten und in den Ballungsräumen angesiedelt. Die dynamische Entwicklung der MVZ lässt eine Sogwirkung auf potenziell niederlassungs- und anstellungswillige junge Zahnärzte befürchten“, so der FVDZ.
Kannibalisierung der niedergelassenen Praxen
„MVZ kannibalisieren niedergelassene Zahnarztpraxen, anstatt zu einer Verbesserung der Versorgung in der Fläche beizutragen“, so Schrader. Die arztgruppengleichen MVZ wirkten somit wie ein Katalysator für eine Unterversorgung in ländlichen Gebieten. Darüber hinaus führen unbegrenzte Anstellungsmöglichkeiten zu Wettbewerbsvorteilen für die MVZ, die zu versorgungspolitisch kontraproduktiven Effekten führen.
Freiberufliche Strukturen bedroht
Mit großer Sorge für die Versorgung im ländlichen Raum sehe der FVDZ auch, dass Fremdkapitalgeber und Finanzinvestoren die Kettenbildung in Ballungsräumen forcieren. Dies sei eine Gefahr für freiberufliche Praxisstrukturen, die bislang eine wohnortnahe und flächendeckende Versorgung sicherstellen und dazu beitragen, dass das deutsche Gesundheitssystem zu den besten der Welt zählt.
Mit neuen Berufsausübungsformen in die Zukunft
Das Thema Berufsausübungsformen beschäftigte auch die Teilnehmer und Zuhörer der Podiumsdiskussion auf dem 25. Sommerkongress des FVDZ vom 28. Mai bis 1. Juni auf Usedom. Dass das Thema den Nerv des Publikums getroffen habe, zeigte sich in der von Dr. Thomas Wolf moderierten lebhaften Debatte mit dem Publikum. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig darüber, dass eine Vielzahl von Möglichkeiten der Berufsausübung auch große Herausforderungen berge. Die Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) sei ein Hemmschuh für die freie Berufsausübung, konstatierte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). „Wir sind Heilberufler und Freiberufler. Wir wollen frei von Fremdbestimmung sein und wirtschaftlich unabhängig arbeiten.“
„Einzelpraxis nicht mehr zeitgemäß“
Als junge Vertreterin des Berufsstandes erklärte Zahnärztin Danielle van Rijt, dass für sie ein enges Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten und die Therapiefreiheit wichtig, aber eine Einzelpraxis nicht mehr zeitgemäß sei. „Ob Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft – wichtig ist, dass wir ein Gegengewicht zum Fremdkapital schaffen“, erläuterte der FVDZ-Justiziar Michael Lennartz.
Publikum forderte gemeinsame Positionierung
Aus den Reihen des Publikums wurde nicht nur der Unmut über die aktuelle Situation laut, sondern vor allem die Aufforderung, sich den Entwicklungen als Berufsstand gemeinsam entgegenzustellen. Dies gilt vor allem auch für die zunehmende Bürokratielast in den Praxen.
Genossenschaften zur Bürokratieentlastung
Der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader stellte die Gründung von Genossenschaften zur Bürokratieentlastung vor. Mit dem Nutzen von Synergien bei der Praxisführung sei dies ein Weg zur Kostenersparnis, mit dem der FVDZ seine Mitglieder unterstützen könne. „Wir wissen um die allgemeinen Belastungen, die Zahnärzte in Bereichen wie Abrechnung, Hygiene und Datenschutz täglich stemmen müssen und hier möchte der Verband tatkräftige Hilfe leisten. Allerdings sollten wir uns trotz aller Widrigkeiten häufiger bewusstmachen, dass wir den schönsten Beruf der Welt ausüben“, appellierte Schrader.