Der Auftakt der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer am 9. November 2018 in Frankfurt war ein dringender Appell an den Berufsstand, sich dem tiefgreifenden Strukturwandel der zahnärztlichen Welt zu stellen und Antworten auf die daraus resultierenden Fragen zu erarbeiten.
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht die Augen verschließen vor dem tiefgreifenden Strukturwandel, den wir derzeit standesweit erfahren. Wir müssen uns verabschieden von der jahrzehntelangen weitgehend heilen Welt in der Zahnmedizin. Wir alle spüren es doch tagtäglich, wie dramatisch sich unsere Zahnwelt, aber auch die soziologischen Strukturen hierzulande und weltweit verändern“, so BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Die Diskussionen der zwei Tage und die Beschlüsse, die von den Delegierten schließlich gefasst wurden, zeigten jedoch, dass dies zumindest dieser Bundesversammlung in weiten Teilen noch nicht gelungen ist.
Präsident Dr. Peter Engel startete seinen Bericht mit einem Thema, das Teil dieses Wandels ist – dem steigenden Anteil von Zahnärztinnen, der sich auch in den Gremien des Berufsstands widerspiegeln müsse, und dem ebenfalls notwendigen Generationswechsel. Genau vor einem Jahr habe er in seiner Rede vor der Bundesversammlung die geringe Präsenz von Zahnärztinnen in den Organisationen beklagt und den Wunsch geäußert, dass sich mehr Kolleginnen für die Politik unseres Berufsstandes motivieren sollten. Damals habe er die älteren Kollegen gebeten, Plätze für weibliche und junge Zahnärzte frei zu machen. „Wir sollten und wollen nicht noch eine Generation warten, bis unsere Kolleginnen und unser Nachwuchs die standespolitischen Herausforderungen und damit ihre eigenen Belange mitgestalten dürfen“, so Engel.
Nur 15 Prozent Frauen in der BV
2018 lag der Frauenanteil in der BV bei rund 15 Prozent, wie Sabine Steding in ihrer Präsentation für den zuständigen Ausschuss berichtete. Aktuell sind im Berufsstand 63 Prozent der unter 35-Jährigen Zahnärztinnen und 63 Prozent der über 55-Jährigen Zahnärzte – mit entsprechend unterschiedlichen Interessen und Prioritäten. 2020 werden bei den niedergelassenen Zahnärzten 50 Prozent Frauen sein.
Engel gab ein Versprechen: „Auf mich, liebe Kolleginnen können Sie jedenfalls zählen. Ich nehme mir jedenfalls heraus – sehr hartnäckig-, den Prozess einer Runderneuerung vor Jahresfrist angeschoben zu haben. Ich werde mich für Sie wie auch generell für den Nachwuchs organisatorisch im Sinne einer stärkeren personellen Repräsentanz in den Gremien und inhaltlich für eine stärkere Beachtung Ihrer Bedürfnisse in einer sich dramatisch verändernden Welt der Zahnmedizin einsetzen.“
Zahnärztinnen sollen sich selbst um Mitwirkung kümmern
Am Ende wurden die drei vom BZÄK-Vorstand eingebrachten Anträge zur Förderung des berufspolitischen Nachwuchses und eines höheren Frauenanteils jedoch nach kontroversen Diskussionen, in denen es vielfach um eine Frauenquote ging, die in den Anträgen jedoch überhaupt nicht enthalten war, von den Delegierten mit großer Mehrheit abgelehnt. Mit großer Mehrheit angenommen wurde dagegen ein Antrag aus Baden-Württemberg, der dagegen allein den Zahnärztinnen (und jungen Kollegen) die Verpflichtung auferlegt, sich in der Standespolitik zu engagieren und sich gemäß ihrer Expertise an den Gremien zu beteiligen. Für diesen Antrag hatte sich zuvor die baden-württembergische Delegierte und Standespolitikerin Dr. Eva Hemberger stark gemacht.
Allein der Antrag an die berufspolitischen Körperschaften und Verbände, ein Konzept zur Förderung des berufspolitischen Nachwuchses zu erarbeiten, wurde angenommen. Dieses Ergebnis ließ nicht nur viele weibliche Delegierte und Gäste, sondern auch die Vorstände der Kammern und der BZÄK irritiert, enttäuscht und hinsichtlich der Außenwirkung unglücklich zurück. So gibt es bereits vonseiten der Politik konkrete Ideen, gesetzliche Vorgaben für den Anteil von Frauen in der Selbstverwaltung einzuführen. Der Verband der ZahnÄrztinnen reagierte mit einer scharfen Stellungnahme.
Politische Hauptthemen ebenfalls kontrovers diskutiert
Auch bei vielen weiteren Themen gab es kontroverse Diskussionen, so wurden neben der einstimmig verabschiedeten Resolution zum Thema Fremdinvestoren weitere Anträge dazu gestellt und beschlossen – es gelang nicht, diese im Sinne einer höheren Außenwirkung zusammenzufassen. Die BV forderte wie schon die KZBV-VV den Gesetzgeber auf, die Gründungsmöglichkeiten für Z-MVZ durch Fremdinvestoren deutlich zu beschränken.
Erneut wurde an die Bundesregierung und den Bundesrat appelliert, die Novellierung der Approbationsordnung für Zahnärzte endlich zu verabschieden. Auch soll die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) unabhängig von der Novellierung der ärztlichen Gebührenordnung weiterentwickelt werden, mit Fokus auf den seit 1988 unveränderten Punktwert. Zudem sollen BZÄK und Länderkammern die Zahnärzte hinsichtlich der Anwendung des Paragrafen 2, Abs. 1 und 2, GOZ besser informieren.
Zuckerkonsum beschränken
Eine angesichts der Präventionserfolge der Zahnärzteschaft, dem Zahnarzt als Gesundheitsberuf und des allgemeinen medizinischen Wissensstands zu den negativen Folgen des Zuckerkonsums etwas irritierende Diskussion entspann sich zum Antrag, der sich mit einer klaren Position der Zahnärzteschaft zur Ernährung befasste und unter anderem fordert, dass der Gesetzgeber auf stark zuckerhaltige Softdrinks Sonderabgaben vorsehen sollte. Einige Redebeiträge forderten sogar, den gesamten Antrag zurückzuziehen. Er wurde schließlich nach einigen Änderungen mit großer Mehrheit doch beschlossen.
Weitere Beschlüsse befassten sich mit der zahnärztlichen Gestaltung der elektronischen Patientenakte, der Ablehnung von Modellen („Direct to comsumer“) in der Kieferorthopädie, bei denen sich Unternehmen mit kieferorthopädischen „Therapieangeboten“ direkt an die Patienten wenden und versuchen, Zahnärzte hierfür zu gewinnen, und dem besseren Schutz von Medizinern und Fachpersonal. Alle politischen Beschlüsse sind in Kürze auch auf der Internetseite der Bundeszahnärztekammer nachzulesen.