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Dr. Robert Kazemi zu den neuesten Regelungen – Ampel bessert bei Testpflicht nach, regelt, wie Zahnärzte in die Impfkampagne eingebunden werden sollen, und normiert Impfpflicht

(c) Alexander Raths/Shutterstock.com

Noch bevor am Mittwoch (8. Dezember 2021) die Wahl des neuen Bundeskanzlers Olaf Scholz auf der Agenda stand, hat sich der Bundestag bereits am Dienstag (7. Dezember 2021) zu einer kurzen, lediglich knapp zweistündigen Sitzung zusammengefunden, um über den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ der Ampelkoalition zu beraten. Schon bis zum Ende der Woche soll das Gesetz in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Mit dem vorgenannten Entwurf wagt sich die Ampel ein weiteres Mal vor offizieller Übernahme der Regierungsgeschäfte aus der Deckung; diesmal um unter anderem die missglückten Neureglungen in Paragraf 28b Absatz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 24. November 2021 zu korrigieren und gleichsam weitere Maßnahmen der Pandemiebekämpfung auf den Weg zu bringen. Unter anderem sollen künftig auch Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte in die Impfkampagne eingebunden werden; zudem soll eine (eher faktische) „Impfpflicht“ für Beschäftigte in Gesundheitsberufen eingeführt werden.

Vor der 1. Lesung und Aussprache zum neuen Gesetzesentwurf im Bundestag hatten die Abgeordneten beschlossen, für dessen Beratung von der Drei-Tages-Frist abzuweichen, sonst hätten die Beratungen der Vorlage frühestens am dritten Tag nach Verteilung der Drucksache beginnen dürfen. Nach der Aussprache am 7. Dezember 2021 ist das Gesetzesvorhaben an den sogenannten Hauptausschuss überwiesen worden. Dieser ist am 11. November 2021 auf Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gebildet worden und übernimmt bis zur Konstituierung der Fach-Ausschüsse die Beratung von Vorlagen, die ihm vom Bundestag überwiesen werden. Anders als in den Fachausschüssen finden hier üblicherweise keine Anhörungen statt; Gesetzesvorhaben lassen sich so schneller verabschieden. Allerdings ist zu diesem Gesetzentwurf eine Anhörung mit Sachverständigen am 8. Dezember angesetzt worden, auch die Zahnärzteschaft hat eine Stellungnahme abgegeben (siehe unten). Es ist  davon auszugehen, dass die Gesetzesänderungen gegebenenfalls noch diese Woche verabschiedet und sehr zeitnah in Kraft treten werden.

Gesetz am 10. Dezember 2021 verabschiedet

Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben das Gesetz am Freitag, 10. Dezember 2021, mit großer Mehrheit beziehungsweise einstimmig verabschiedet. Es ist nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 12. Dezember 2021 in Kraft getreten. Wesentliche Änderungen/Korrekturen an den im Beitrag beschriebenen Regelungen hat es nicht gegeben. Was die Ausgestaltung des Impfens durch die Zahnärztinnen und Zahnärzte angeht, sind die KZBV und die BZÄK derzeit in der Klärung der Voraussetzungen. -Red.

I. Teilweise Korrektur der Testpflicht für Beschäftigte und Besucher von Einrichtungen im Gesundheitswesen

Mit der Gesetzesänderung kommt es zu einer Korrektur der missglückten und von ärztlicher Seite zu Recht scharf angegriffenen Neuregelungen in Paragraf 28b Absatz 2 IfSG. Zur Erinnerung: Hier war von der Ampel normiert worden, dass jeder Beschäftigte und ausnahmslos jeder Besucher einer Gesundheitseinrichtung, einschließlich Arzt- und Zahnarztpraxen, die Einrichtung nur betreten darf, wenn er einen tagesaktuellen Corona-Test vorlegen kann, der für Antigen-Schnelltests nicht älter als 24 Stunden und für PCR-Tests nicht älter als 48 Stunden sein durfte, wobei die Testgültigkeit für die Dauer des Aufenthaltes in der Einrichtung innerhalb der vorgegebenen Rahmen bestehen musste. Diese Testpflicht gilt – so ist es (noch) in Paragraf 28b Absatz 2 IfSG geregelt – unabhängig vom Impf- oder Genesenstatus des Beschäftigten und/oder Besuchers, also insbesondere auch für geimpfte und genesene Mitarbeiter. Dies war von ärztlicher Seite und auch von mir scharf kritisiert worden und führte in der Folge schnell zu einem „Nichtanwendungserlass“ der Landesgesundheitsminister, der die Testpflicht für geimpfte und/oder genesene Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen auf zwei Testungen pro Woche beschränkten. Gleichsam waren in den meisten Bundesländern, notwendige Begleitpersonen minderjähriger oder sonst hilfebedürftiger Patientinnen und Patienten von der Testvorlagepflicht ausgenommen und insoweit den von jeglicher Testpflicht befreiten Patientinnen und Patienten gleichgestellt worden.

Testpflicht für geimpfte oder genesene Arbeitgeber und Beschäftigte nur noch zweimal pro Kalenderwoche

Ähnlich den Länderbeschlüssen zur Nichtanwendung der bisherigen Regelungen im erst am 24. November 2021 in Kraft getretenen Paragraf 28b Absatz 2 IfSG positioniert sich nun auch die Ampel-Koalition. Dabei gilt zunächst: Die Testpflicht bleibt auch für Arbeitgeber, Beschäftigte und Besucher in Arzt- und Zahnarztpraxen weiterhin grundsätzlich bestehen. Eine Testung muss für Arbeitgeber und Beschäftigte, die geimpfte Personen oder genesene Personen im Sinne der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sind, indes nur noch (mindestens) zweimal pro Kalenderwoche durchgeführt werden, wobei die Testung durch Antigen-Tests zur Eigenanwendung ohne Überwachung ausreichend ist. Für ungeimpfte/nicht genesene Arbeitgeber und Beschäftigte gilt indes weiterhin eine tägliche Testpflicht, wollen sie die Einrichtung betreten; auch die Erleichterung der Testmöglichkeit durch Antigen-Tests zur Eigenanwendung ohne Überwachung gilt hier nicht.

Soweit die Arzt-/Zahnarztpraxis also selbst keine überwachten Tests anbietet, sind Arbeitgeber wie Beschäftigte verpflichtet, eine offizielle Teststelle aufzusuchen und den Test dort durchführen zu lassen. Die Kosten hierfür haben die Testpflichtigen selbst zu tragen, soweit sie nicht vom Angebot der kostenlosen Bürgertestung Gebrauch machen können.

Notwendige Begleitpersonen sind für „unerheblichen“ Zeitraum keine Besucher

Auch für Besucher gilt weiterhin eine uneingeschränkte Testpflicht vor Betreten der Praxis, wobei Begleitpersonen, die die Einrichtung „nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten“, nicht als Besucher gelten sollen. Auf den ersten Blick eine nachvollziehbare Regelung, ermöglicht sie doch Eltern die Begleitung ihrer minderjährigen Kinder und Assistenzkräften von Patienten, die im Rahmen ihrer Therapie, zur Förderung des Behandlungserfolgs oder im Alltag auf eine Begleitperson angewiesen sind, auch ohne Testvorlage das Betreten der Praxis. Dies indes nur auf den ersten Blick, denn die Testbefreiung soll nur dann greifen, wenn der Besuch in der Einrichtung „einen unerheblichen Zeitraum“ umfasst. Wann jedoch liegt ein solcher „unerheblicher Zeitraum“ vor? Weder der Gesetzestext noch die Begründung machen hierzu konkretisierende Angaben. Auch dies wird leider wieder zu Unsicherheiten führen. Ist eine umfangreiche zahnärztliche Behandlung von einer Stunde noch zeitlich unerheblich, oder geht es nur um die Begleitung zum Behandlungsstuhl?

An anderer Stelle, nämlich dort, wo es um die Einführung der „Impfpflicht“ geht, heißt es in der Gesetzesbegründung „Erfasst werden nicht nur zeitlich ganz vorübergehend (nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum) in den Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen.“ Orientiert man sich hieran und nimmt an, dass „ganz vorübergehend“ mit dem „unerheblichen Zeitraum“ korreliert, so wird man (wohl) tatsächlich nur diejenigen Begleitpersonen als von der Testpflicht befreit ansehen können, die sich nur „wenige Minuten“ in der Praxis aufhalten. Gerade bei Minderjährigen, bei denen die Sorgeberechtigten regelmäßig für die gesamte Behandlungsdauer anwesend sind und (aus berufs-, haftungs- und ethischen Gesichtspunkten) auch anwesend sein müssen, wird die Wenige-Minuten-Grenze erneut zu Problemen führen.

Warum der Gesetzgeber hier wieder eine unsaubere und zur Unsicherheit in der Anwendung beitragenden Formulierung wählt, bleibt unklar. Besser hätte er daran getan, hier Begleitpersonen für die Dauer des Besuchs des Patienten in der Praxis von der Testpflicht freizustellen. Mit der jetzigen Regelung sitzen Ärzte und Zahnärzte im schlimmsten Fall mit der Stoppuhr neben der Begleitperson und müssen diese nach „wenigen Minuten“ aus der Praxis verweisen. Dies kann nicht gewollt sein; es ist auch unsinnig und wenig zielführend. Korrigiert die Ampel-Koalition hier nicht vor Verabschiedung des Entwurfes, sind der nächste Proteststurm und die nächste IfSG-Novelle binnen weniger Tage bereits vorprogrammiert.

Testpflicht für andere Besucher, wie Techniker oder Paketboten

Nicht gehört worden sind die Rufe nach einer Befreiung von Testpflicht für alle Besucher, die die Praxis nur für einen kurzen Zeitraum betreten wollen, zum Beispiel Paket- oder Postboten, aber auch (Zahn-)Techniker. Sie benötigen weiterhin einen Testnachweis, gleich ob geimpft oder genesen und gleich, ob das Betreten nur für wenige Sekunden oder mehrere Stunden beabsichtigt ist.

Einzige Ausnahmen: Besucher, die als medizinisches Personal die in den in Satz 1 genannten Einrichtungen und Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen zu Behandlungszwecken aufsuchen und geimpfte Personen oder genesene Personen sind. Hierzu zählen Zahntechniker indes gerade nicht, denn sie sind weder medizinisches Personal, noch sind sie zur „Behandlung“ des Patienten befugt.

Weiterhin sollen Besucher, die die Einrichtung oder das Unternehmen im Rahmen eines Notfalleinsatzes oder aus anderen Gründen ohne Kontakt zu den behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten, keiner Testpflicht unterfallen. Damit ist nur der Paketbote, der die Praxis ohne Kontakt zu Patienten betreten kann, von der Testpflicht befreit. Stehen indes Patienten an der Anmeldung oder sitzen oder stehen auf dem Weg zum Abgabepunkt, greift die Testpflicht wieder ein. Auch dies ist unpraktikabel und unsinnig; zumal der mit einer Maske bekleidete Paketbote, der nur kurz an einem Patienten vorbeiläuft, ein Paket abliefert und sodann unmittelbar die Praxis wieder verlässt, auch tatsächlich kein Infektionsrisiko darstellen dürfte. Auch hier täte der Hauptausschuss gut daran, die Regelung vor Verabschiedung im Bundestag noch einmal nachzuschärfen.

Wegfall der Berichtspflichten, aber weiter Verpflichtung zur Etablierung eines Testkonzepts

Auch die vollkommen missglückten Berichtspflichten werden für Arzt- und Zahnarztpraxen aufgehoben. Zukünftig sollen nur noch voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen verpflichtet sein, der zuständigen Behörde monatlich Angaben zum Anteil der Personen, die gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpft sind, jeweils bezogen auf die Personen, die in der Einrichtung beschäftigt sind oder behandelt, betreut oder gepflegt werden oder untergebracht sind in anonymisierter Form zu übermitteln. Sonstige in Absatz 2 Satz 1 genannte Einrichtungen oder Unternehmen sind nur verpflichtet, der zuständigen Behörde auf deren Anforderung Angaben zum Anteil der Personen, die gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpft sind, in Bezug auf die Personen, die in der Einrichtung oder dem Unternehmen beschäftigt sind in anonymisierter Form zu übermitteln. Eine generelle Berichtspflicht besteht damit nicht mehr.

Auch Arzt- und Zahnarztpraxen sind indes weiterhin verpflichtet, ein einrichtungs- oder unternehmensbezogenes Testkonzept zu erstellen und im Rahmen dieses Testkonzepts auch Testungen auf eine Infektion mit dem Coronavirus für alle Beschäftigten anzubieten. Eine Verpflichtung, auch für Besucher eine Testmöglichkeit zu schaffen, besteht ausdrücklich nicht.

Stellungnahme von KZBV und BZÄK zum Gesetzentwurf

Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben eine Stellungnahme zum Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie abgegeben. Beide Organisationen unterstützen im Grundsatz die mit dem Gesetzentwurf verfolgten Ziele, die Impfungen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 voranzutreiben und vulnerable Personengruppen vor Infektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 besonders zu schützen.

Kurzübersicht zur Stellungnahme mit zentralen Regelungsvorschlägen:

Zu Paragraf 20b IfSG-E: Schutzimpfungen durch u. a. Zahnärzte

  • Mit Blick auf ggf. bestehende Lücken der zahnärztlichen Berufshaftpflichtversicherungen gesetzliche Regelung bzw. Klarstellung, dass Impfen haftungsrechtlich als zahnärztliche Tätigkeit zu bewerten ist und dem Haftpflichtversicherungsschutz unterfällt.
  • Gesetzliche Implementierung der organisatorischen und technischen Voraussetzungen für Impfungen durch Zahnärzte, z.B. Einbindung in die RKI-Impfsurveillance, Möglichkeit zur Ausstellung Impfzertifikaten, Schaffung geeigneter Infrastrukturen für Beschaffung, Lagerung und Handhabung der Impfstoffe, Regelungen zur Vergütung und Abrechnung der mit dem Impfen verbundenen Leistungen, Schaffung von effizienten Abrechnungswegen etc. Vorschlag: Unterstellung von Zahnärzten unter die Regelungen der ImpfV einschließlich Ermöglichung von effizienten Abrechnungswegen gegenüber der KV nach Muster der Abrechnung von TestV-Leistungen durch Zahnärzte.

B. Zu Paragraf 28b Absatz 2 IfSG-E: Testpflicht für Beschäftigte/Besucher unter anderem in Zahnarztpraxen

  • Herausnahme von Zahnarztpraxen aus dem Anwendungsbereich des § 28b Abs. 2 IfSG, da in Zahnarztpraxen aufgrund der dortigen besonders hohen Hygienestandards gemäß BGW-Statistik nachweislich die mit Abstand wenigsten Corona-Infektionen im Gesundheitswesen stattfanden und da der Anteil vulnerabler Personen in Zahnarztpraxen nicht höher ist als deren Anteil in anderen Einrichtungen des täglichen Lebens wie etwa Behörden, Ladengeschäften etc.
     

Soweit Zahnarztpraxen dementgegen weiterhin unter Paragraf 28b Absatz 2 IfSG fallen:

  • Beschränkung des Zutrittsverbots nach Paragraf 28b Absatz 2 Satz 1 auf die Betriebszeit der Einrichtung, so dass bspw. Reinigungskräfte abends/nachts ohne Testung tätig werden können.
  • Klarstellung, dass Beschäftigtenbegriff im Sinne von „in der Einrichtung tätig werdenden Personen“ zu verstehen ist, so dass bspw. auch für nichtmedizinisch tätig werdende „Besucher“ wie Zahntechniker, IT-Dienstleister etc. die erleichterten Testmöglichkeiten nach Paragraf 28b Absatz 2 Satz 4 (Antigentests zur Eigenanwendung) greifen.
  • Bei der – prinzipiell sehr begrüßenswerten – Gleichstellung von Begleitpersonen von Patienten mit den Patienten ist auf die konterkarierende einschränkende Voraussetzung des Betretens „nur für einen unerheblichen Zeitraum“ zu verzichten; ebenso auf alternative Einschränkungen wie ein Betreten „nur in Notfallsituationen“ o. ä.
  • Auch für Besucher Zutritt zum Zwecke einer Testung ermöglichen (Paragraf 28b Absatz 2 Satz 7).
  • Notwendige Anpassung der TestV (Paragraf 6 Absatz 4 Satz 3; Paragraf 11 TestV): Erstattung aller für die Beschäftigten- und Besucher-Testungen nach Paragraf 28b Absatz 2 IfSG beschafften PoC-Antigen-Schnelltests oder Antigen-Tests zur Eigenanwendung, im Falle des Beifügens eines Rechnungsbelegs zu den tatsächlichen Bezugskosten.


Die vollständige Stellungnahme inklusive Begründungen ist auf der Internetseite der KZBV nachzulesen.

II. „Impfpflicht“ für Beschäftigte in Arzt- und Zahnarztpraxen ab dem 15. März 2022 (Paragraf 20a IfSG-Neu)

Der Gesetzesentwurf umfasst auch die Einführung eines neuen Paragraf 20a IfSG mit dem amtlichen Titel „Immunitätsnachweis gegen Covid-19“. Hiernach müssen Personen, die in Arzt- oder Zahnarztpraxen tätig sind, ab dem 15. März 2022 entweder geimpfte oder genesene Personen sein. Eine Ausnahme gilt nur für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpft werden können (Paragraf 20a Absatz 1 Satz 2 IfSG-Neu).

Personen, die in den in Paragraf 20a Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung daher bis zum Ablauf des 15. März 2022 entweder einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpft werden können, vorzulegen. Neu anzustellende Personen, haben den Nachweis vor Beginn ihrer Tätigkeit vorzulegen (Paragraf 20a Absatz 3 IfSG-Neu).

Wenn der Nachweis nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen und ihm personenbezogene Daten des Beschäftigten zu übermitteln (Paragraf 20a Absatz 2 S. 2 IfSG-Neu).
 
Fraglich ist, wie viel Nachforschungsarbeit hier von der Praxisleitung eingefordert wird, wenn „Zweifel“ an der Echtheit des Nachweises vorliegen. Ebenso fraglich ist, wie der Arzt / Zahnarzt als Arbeitgeber arbeitsrechtlich zu reagieren hat beziehungsweise wichtiger noch: reagieren darf, wenn ihm die entsprechenden Nachweise von den Arbeitnehmern nicht vorgelegt werden.
 
So regelt Paragraf 20a Absatz 5 Satz 3 IfSG, dass das Gesundheitsamt einer Person, die trotz der Anforderung keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt, untersagen kann, dass sie die Praxisräume betritt oder in einer Gesundheitseinrichtung tätig wird. Diese Befugnis wird dem Arzt als Arbeitgeber indes durch den Gesetzestext selbst nicht ausdrücklich zugeschrieben. Dies mag für das generelle Verbot der Tätigkeitsaufnahme in Gesundheitseinrichtungen logisch und nachvollziehbar sein – was aber gilt für das Betreten der eignen Praxis? Hier bleibt das Gesetz unklar.

Freistellen ja, aber auch kündigen?

Die Frage ist auch deshalb besonders wichtig, weil hieran die Berechtigung des Arztes knüpft, einen ungeimpften Mitarbeiter nicht nur nach Hause zu schicken, sondern auch die Lohfortzahlung bis zur Vorlage des Nachweises einzustellen. Diese Berechtigung soll dem Arbeitgeber wohl zukommen, denn in der Begründung zu Paragraf 20a IfSG heißt es: „Im Ergebnis entfällt für diesen Personenkreis die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers.“ Damit müssen ungeimpfte Personen von der Arbeitserbringung freigestellt werden, die Pflicht zur Lohnfortzahlung für den Freistellungszeitraum entfällt.

Ob der Arbeitgeber indes auch berechtigt ist, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen für den Fall, dass der geforderte Nachweis nicht vorgelegt wird, bleibt offen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu „Weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen können im Einzelfall in Betracht kommen.“. Dies spricht dafür, dass eine (außerordentliche) Kündigung wohl zunächst nicht in Betracht kommt, sondern nur bei vehementer und dauerhafter Verweigerungshaltung des betroffenen Mitarbeiters.

Sicherlich ist dem Arbeitgeber geholfen, wenn seine Lohnfortzahlungspflicht entfällt, gleichwohl wäre hier eine Klarstellung hin zu einer Kündigungsoption wünschenswert, denn sonst ist der Arbeitgeber unter Umständen verpflichtet, die Stelle eines impfunwilligen Beschäftigten über Monate hin freizuhalten, weil ja nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich dieser gegebenenfalls doch irgendwann impfen lässt. Dies macht die Ersatzbeschäftigung anderer Personen schwierig und kompliziert; auch über eine Befristung wird dies kaum zu beheben sein, denn der Befristungszeitpunkt kann hier nicht konkret angegeben werden. Es droht daher die Gefahr, dass so neben dem Impfunwilligen zusätzlich eine weitere Arbeitskraft dauerhaft in der Praxis beschäftigt werden muss.

Ebenso unklar ist, ob der Arbeitgeber berechtigt sein soll, die Kosten eines Ersatzbeschäftigten, die unter Umständen erheblich höher liegen, als die des impfunwilligen Mitarbeiters (zum Beispiel bei Einsatz eines Vertreters oder Leiharbeitnehmers), beim impfunwilligen Mitarbeiter ersetzt verlangen kann? Die gleiche Frage wird für Ausfallkosten zu klären sein, die durch die verschuldete Arbeitsunfähigkeit des impfunwilligen Mitarbeiters unter Umständen entstehen. Auch hier wäre eine Klarstellung hilfreich gewesen; sie wird sicherlich durch entsprechende Befassungen der arbeitsrechtlichen Literatur oder der Gerichte noch erfolgen.

Zwar regelt Paragraf 20a Absatz 1 IfSG, dass die Personen, die einen Nachweis nicht erbringen können oder wollen, nicht in der Praxis tätig sein dürfen. Was aber, wenn dieses Tätigwerden gar nicht mit unmittelbarem Patientenkontakt verbunden ist (zum Beispiel bei Mitarbeitern der EDV, der Abrechnung oder des Back-Offices)? Gilt auch für diese Personen das generelle Tätigkeitsverbot, oder dürfen diese nach Testung (im Sinne des Paragraf 28b Absatz 2 IfSG) die Praxis betreten und arbeiten?

Hier ist die Gesetzesbegründung erfreulich deutlich und führt aus: „Die Art der Beschäftigung (Arbeitsvertrag, Leiharbeitsverhältnis, Praktikum, Beamtenverhältnis etc.) ist ohne Bedeutung. Bei den erfassten Personen handelt es sich beispielsweise um medizinisches beziehungsweise Pflege- und Betreuungspersonal einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte nach Paragraf 53b SGB XI, aber auch andere dort tätige Personen wie zum Beispiel Hausmeister oder Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal. Erfasst sind auch Auszubildende, Personen, welche ihren Freiwilligendienst (nach dem BFDG oder JFDG) ableisten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie Zeitarbeitskräfte.

III. Impfberechtigung für Zahnärzte, Paragraf 20b IfSG-Neu

Über einen neuen Paragraf 20b IfSG sollen – zusätzlich zu Ärztinnen und Ärzten – ausnahmsweise auch Zahnärzte und Zahnärztinnen, Tierärzte und Tierärztinnen sowie Apotheker und Apothekerinnen zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 berechtigt werden. Diese Erweiterung gilt nur in Bezug auf Schutzimpfungen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 bei Personen, die das 12. Lebensjahr vollendet haben. Andere Impfungen dürfen also ebensowenig verabreicht werden, wie Corona-Schutzimpfungen an Kinder unter 12.

Die Durchführung von Schutzimpfungen umfasst neben dem Setzen der Spritze auch die Anamnese, Aufklärung, Impfberatung sowie die Beobachtung im Anschluss an die Impfung und unter Umständen auch das Beherrschen und Anwenden von Notfallmaßnahmen im Falle von akuten Impfreaktionen. Die dafür erforderlichen Kompetenzen sind durch die Teilnahme an einer ärztlichen Schulung zu erwerben.

Die Schulung soll dabei alle Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln, die für eine sichere Durchführung der Schutzimpfung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 erforderlich sind. Zudem soll die Schulung auf die zu schulende Berufsgruppe zugeschnitten werden. So verfügt ein Zahnarzt/eine Zahnärztin zum Beispiel über die für die Aufklärung der Patienten und Patientinnen erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenz, sodass Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen zu diesem Aspekt nur in Bezug auf die Durchführung der Schutzimpfung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 zusätzlich vermittelt werden müssten. Tierärzte und Tierärztinnen verfügen zwar über die für die Behandlung – einschließlich der Durchführung von Schutzimpfungen – erforderlichen Kompetenzen. Allerdings erstrecken sich diese auf die Behandlung von Tieren, sodass die für die Durchführung von Schutzimpfungen bei Menschen erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln sind. Apothekern und Apothekerinnen werden dagegen die erforderlichen Kompetenzen insbesondere für die Aufklärung, die Verabreichung des Impfstoffs sowie zu Notfallmaßnahmen in der Schulung vermittelt werden müssen.

Hierzu werden die Kammern – für die Zahnärzte also die Bundeszahnärztekammer – verpflichtet, für die ärztlichen Schulungen der Zahnärztinnen und Zahnärzte und in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer bis zum 31. Dezember 2021 ein Mustercurriculum zu entwickeln. Damit werden Zahnärztinnen und Zahnärzte in diesem Jahr daher voraussichtlich noch keine Impfberechtigung erhalten können.

Dr. Robert Kazemi, Bonn

aktualisiert am 10. Dezember 2021 um den finalen Beschluss des Gesetzes durch Bundesrat und Bundestag und am 13. Dezember um das Inkrafttreten zum 12. Dezember 2021. -Red.

Dr. Robert Kazemi ist Partner der Sozietät Kazemi & Partner Rechtsanwälte PartG in Bonn. Er arbeitet seit Jahren auf den Gebieten des Wettbewerbs- und Datenschutzrechts. Er ist Autor des Fachbuches „Das neue Datenschutzrecht in der anwaltlichen Beratung“ sowie zahlreicher weiterer Publikationen zum Thema Datenschutzrecht. Auf Quintessence News ist von ihm 2018 eine Beitragsreihe zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erschienen.
(Foto: Kazemi/Apart Fotodesign – Alexander Pallmer)

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