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BZÄK bezieht Stellung zu Meldungen – „Übersetzungs- und Interpretationsungenauigkeiten“

Eine am 12. August 2020 verbreitete Meldung über eine neue Empfehlung der WHO zu zahnärztlichen Behandlungen sorgt für Verunsicherung. Die Bundeszahnärztekammer stellt klar, dass sich die Empfehlung nicht auf alle Länder und Infektionslagen gleichermaßen beziehe und für Deutschland eigene nationale Vorschriften mit hohen Standards existieren.

Die zuerst über eine französische Nachrichtenagentur und dann in vielen weiteren Medien verbreitete Information, die WHO empfehle, jetzt nicht dringende Zahnbehandlungen zu verschieben, um „einer weiteren Ausbreitung des neuartigen Coronavirus vorzubeugen“, basiere zudem auf einer Übersetzung- und Interpretationsungenauigkeit, stellt die BZÄK weiter fest.

Globale Empfehlung, die regional interpretiert werden muss

„Es ist eine globale Empfehlung, die speziell für die Situation in Deutschland interpretiert werden muss. Die aktuelle Ausbreitungssituation von Covid-19 in Brasilien, den USA oder afrikanischen Staaten ist eben nicht mit Deutschland vergleichbar. In derartigen Infektionslagen rät die WHO in ihrer Originalpublikation, zahnmedizinische Vorsorge-Behandlungen so lange zu verschieben, bis eine ausreichende Reduktion der Übertragungsraten stattgefunden hat – oder gemäß den offiziellen gesundheitspolitischen Empfehlungen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zu verfahren. Darin unterscheiden sich die Empfehlungen mit denen der BZÄK nicht“, heißt es.

Strenge Hygienevorschriften in Deutschland


Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer (Foto: BZÄK/Lopata)

BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: „In Deutschland haben wir die Infektionsrate aktuell immer noch niedrig, vor allem im Vergleich zu anderen Staaten. Zudem haben wir eigene offizielle nationale Empfehlungen für die Gesundheitsversorgung. Entscheidend sind jedoch auch die hiesigen strengen Hygienevorschriften und die moderne Praxisausstattung: die deutsche Zahnmedizin ist im Bereich Hygiene hervorragend aufgestellt“.

Aerosolbildung im Fokus

Die WHO-Empfehlung bezieht sich vor allem auf die Aerosolbildung bei zahnärztlichen Behandlungen und den Schutz des Behandlungsteams. In der als „vorläufig“ bezeichneten Empfehlung heißt es, das Risiko einer Übertragung des Virus durch die Luft bei aerosol-erzeugenden Behandlungen könne derzeit nicht ausgeschlossen werden. Zahnärzte und Personal seien diesen Aerosolen besonders ausgesetzt. Man empfehle daher, Routineuntersuchungen, Zahnreinigungen etc. so lange zu verschieben, bis die Infektionsraten niedrig und Cluster unter Kontrolle seien oder entsprechende offizielle Empfehlungen der Behörden auf nationaler oder regionaler Ebene gegeben würden, wie Engel schon klarstellte. Das Papier gibt dann eine Reihe von Empfehlungen zur Patiententriage, zu Hygienemaßnahmen und zur Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung, die in den hierzulande geltenden Vorschriften und Vorgaben auch für die Corona-Pandemie ohnehin enthalten oder noch strenger geregelt sind.

Vorschriften gelten umfassend

Darauf verweist auch die BZÄK. Das zahnärztliche Behandlungsteam unterliege in Deutschland generell besonders strengen Hygienevorschriften, die zu einem entsprechend hohen Schutzniveau in den Praxen beitragen. „Die Vorschriften betreffen jede Praxis, jeden Zahnarzt, jeden Mitarbeiter gleichermaßen“, so die BZÄK. Die Vorgaben für Zahnarztpraxen sind im Hygieneplan und Hygieneleitfaden sowie den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim RKI „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ festgehalten. Das trägt zu einem entsprechend hohen Schutzniveau in den Praxen bei.

Verwiesen wird dabei von der BZÄK auf den ohnehin schon hohen Standard der Hygienemaßnahmen in den Zahnarztpraxen. Eine wissenschaftliche Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) hatte die Hygienekosten in Zahnarztpraxen vor Ausbruch von Sars-CoV-2 analysiert: Die Gesamthygienekosten in Zahnarztpraxen in Deutschland betrugen bereits 2016 im Durchschnitt rund 70.000 Euro (das Zehnfache einer Hausarztpraxis 2016). Zum Gesundheitsschutz von Patienten und Mitarbeitern seien in den (Zahnarzt)Praxen die Vorkehrungen 2020 überall weiter aufgestockt worden, um einer Übertragung von SARS-CoV-2 vorzubeugen.

Keine Erkenntnisse über erhöhtes Risiko oder Spreader-Funktion

„Erkenntnisse aus Wuhan (China), Italien, Südkorea, aber auch bisher vorliegende Berichte aus Deutschland zeigen derzeit, dass die Zahnmedizin weder Infektionen weiterverbreitet, noch ein erhöhtes Risiko für Infektionen für Patienten, Behandler und Team besteht, wenn diese ihre persönliche Standard-Schutzausrüstung wie gewohnt korrekt nutzen“, so die BZÄK weiter. Die generell strengeren Hygienevorschriften in der Zahnmedizin im Vergleich zu anderen Gesundheitsberufen trügen offensichtlich sehr zu einem entsprechend hohen Schutzniveau in den Praxen bei. (Siehe dazu auch den Bericht über das Webinar der DGI mit Prof. Zuhan Bian/Wuhan, und die Interviews mit Dr. Dr. Markus Tröltzsch und Prof. Dr. Roland Frankenberger/Dr. Dr. Markus Tröltzsch.)

Differenziertes Vorgehen und hohe Standards

Engel: „Es ist schwierig, für 193 unterschiedliche Staaten auf der Welt mit sehr ungleichen Gesundheits- und Politiksystemen pauschale Empfehlungen abzugeben. Ein differenziertes Vorgehen und Vorsicht hingegen sind hilfreich, ebenso wie hohe Hygienestandards.“

Die BZÄK komme ihrer Verantwortung nach und beobachte über eine Meldungsmöglichkeit bei Infektionen für zahnärztliche Praxen das dortige Infektionsgeschehen. Darauf basierend werden ihre auf RKI-Vorgaben bestehenden Empfehlungen ständig aktualisiert.

Kammern informieren ebenfalls die Öffentlichkeit

Auch die Zahnärztekammern der Länder und der Freie Verband Deutscher Zahnärzte reagierten auf die in den Medien verbreitete WHO-Meldung. In ihrer Information für die Öffentlichkeit folgten sie der Argumentation der BZÄK und wiesen zum einen auf die hohen Hygienestandards in den Zahnarztpraxen, zum anderen auf die Bedeutung von Vorsorgeterminen, präventiven Leistungen und zügiger Behandlung bei Problemen an Zähnen und Zahnfleisch für die Mund- und Allgemeingesundheit hin. Die Sicherheit der Patienten stehe an oberster Stelle. „Die Hygienemaßnahmen in unseren Praxen sind jederzeit so, dass Patientinnen und Patienten sowie unser zahnmedizinisches Fachpersonal und wir Zahnärztinnen und Zahnärzte selbst gut geschützt sind. Die strengen Vorgaben für Zahnarztpraxen sind auf hohem Niveau standardisiert und gewährleisten den größtmöglichen Schutz in unseren Praxen“, betont der Berliner Kammerpräsident Dr. Karsten Heegewaldt.

„Wer über einen längeren Zeitraum nicht zum Zahnarzt geht, riskiert, dass sich sein Gebisszustand verschlechtert. Deshalb sollten alle notwendigen Behandlungen, Vorsorgeuntersuchungen und Prophylaxe-Maßnahmen im vorgesehenen Turnus durchgeführt werden“, sagte zum Beispiel der Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns, Christian Berger. „Schon bei Corona-Verdacht oder Quarantäne werden die Patienten nicht von ihrem Hauszahnarzt behandelt, sondern in dafür eingerichteten Schwerpunktpraxen.“ Auch die KZV Rheinland-Pfalz verwies auf die weiter geöffneten Corona-Notfallpraxen.

Quellen: WHO-Empfehlungen/Pressemitteilung der BZÄK/ Pressemeldungen der Kammern

Aktualisiert am 17. August 2020 um die Reaktionen der Zahnärztekammern. -Red.

Titelbild: santypan/Shutterstock.com
Reference: Quintessence News Politik Praxis Team Patientenkommunikation Praxisführung Nachrichten

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