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Zwei junge Zahnärztinnen über ihre Erfahrungen beim Hilfseinsatz in der Dominikanischen Republik

Zwei junge Zahnärztinnen und zwei Medizinstudentinnen waren in einem Flüchtlingsdorf in der Dominikanischen Republik im Einsatz.

(c) privat

Hilfseinsätze sind gefragt – vor allem in wärmeren Regionen. So auch bei den frisch approbierten Zahnärztinnen Ulrike Würpel und Vanessa Hinterschuster, die es nach den ersten Praxiserfahrungen im Rahmen der Assistenzzeit in die Dominikanische Republik verschlagen hat.

Dort angekommen, ging es gleich zur Sache, denn der erste Einsatzort war ein haitianisches Flüchtlingscamp – eine besondere Erfahrung, denn die Menschen im Nachbarland der Dominikanischen Republik leben seit Jahrzehnten unter schwierigsten politischen Bedingungen, diverse Naturkatastrophen haben die Lage immer mehr verschlimmert.

Der Kontakt kam über die Hilfsorganisation DIANO zustande, die seit mehr als zwölf Jahren in der Dominikanischen Republik aktiv ist und dort neben eigenen Stationen zahlreiche Partnerschaften mit einheimischen Organisationen eingegangen ist. Hier zum Beispiel mit der Milton-Moronta-Fundacion aus Puerto Plata, die wiederum auch mit der Uni Freiburg und der Fachhochschule Furtwangen zusammenarbeitet. So wurden die beiden Zahnärztinnen von zwei Medizinstudentinnen unterstützt, die ihr Praxissemester in der Karibik absolvieren. Doch nun zum Bericht von Vanessa Hinterschuster und Ulrike Würpel.

Operativo Munoz – vom Hilfseinsatz im haitianischen Flüchtlingsdorf

Von der Hauptstraße in Puerto Plata biegen wir in eine kleine namenlose Nebengasse ab. An der Gabelung wirbt ein Stand mit „Buggie Adventure“ für Touristen, auf der gegenüberliegenden Seite positioniert stehen einige Soldaten, die die abbiegenden Fahrzeuge mustern. Hier endet auch der Asphalt und die gut befahrbare Straße mündet in einen trockenen Sandweg, der uns über einige Erdlöcher nach Munoz bringt.

Unser Ziel ist ironisch, aber passend die ‚Unnamed Road‘ direkt vor den ersten Wellblechhütten der kleinen Gemeinde. Als provisorischen Behandlungsraum hat der Pastor des Dorfes uns die Kirche zur Verfügung gestellt. Ein Haus aus Stein, mit selbst bemalten blauen Wänden und Ventilatoren unter dem Wellblechdach. Ganz anders als die restlichen Hütten, die ärmlichen Behausungen der ‚Refugiados‘, wie die haitianischen Flüchtlinge hier genannt werden.

OP-Tisch auf dem Campingklapptisch

Unter einfachen Bedingungen wurde gemeinsam behandelt.
Unter einfachen Bedingungen wurde gemeinsam behandelt.
Foto: privat
Mit unserem Koffer voller zahnärztlicher Spenden aus Deutschland bauen wir auf zwei Campingklapptischen unseren Operationsplatz auf, an dessen Kopfseite jeweils ein Plastikstuhl für die Patienten steht. Steriles Arbeiten ist hier unmöglich, als Instrumentenreinigung dient eine Plastikschüssel mit Alkohol. Zum Ausspucken präparieren wir einen mitgebrachten Obstkorb mit einer Mülltüte. Damit die blutigen Instrumente den Tisch nicht noch mehr verunreinigen, greifen wir auf ein paar Kasack-Oberteile zurück, die kurzerhand als OP-Tuch fungieren müssen. Zangen, Hebel, Spiegel, Tupfer, Anästhesie und Scaler – alles fein säuberlich aufgereiht und griffbereit in der Mitte des OP-Campingtischs.

Gegen 10 Uhr füllt sich der Kirchenraum und die ersten Patienten nehmen auf unseren Stühlen Platz. Es folgt eine Extraktion auf die nächste, jeder Zahn in schlechterem Zustand als der vorhergehende. Tief zerstörte, kariöse Zähne, Fisteln, Abszesse, Gangrän und faulende Wurzelreste – jeder MKGler hätte hier wohl mit Tatendrang seine Knochenfräse und Skalpelle ausgepackt. Ohne Strom und fließendes Wasser ist das hier jedoch unvorstellbar.

Attraktion des Tages

Zwei Campingtische, zwei Stühle für den improvisierten Behandlungsplatz.
Zwei Campingtische, zwei Stühle für den improvisierten Behandlungsplatz.
Foto: privat
Es mangelt hier an vielem, jedoch nicht am Willen, den Menschen zu helfen. Von Patient zu Patient wurden die Schmerzen schlimmer, die Anästhesie unbrauchbarer und das Publikum größer. Es scheint, als seien wir die Attraktion des Tages, die zum Zuschauen und Mitmachen einlädt. Zurufe aus dem Publikum, Behandlungsanweisungen der Dorfeinwohner und eine Gier nach „¡Mucha anestesia!“ begleiten die Extraktionen.
Der Pastor als Schirmherr beobachtet uns nur, sprechen tut er wenig. Werden die Schmerzensschreie und das Zappeln auf dem Stuhl zu viel, gibt er auf Kreol kurze Anweisungen, dann filmt er wieder mit seinem Handy. Die Verständigung zwischen Behandlerin und Patient erfolgt also in einem Mix aus Spanisch, Französisch, Händen und Füßen.

Von 9 bis 14 Uhr geht unser Einsatz, in diesen Stunden kommen 30 Patienten zu uns. Viele davon sind Kinder, die von den wenigen Einwohnern von Munoz wohl die schlechtesten Zähne haben. Auch hier wird wieder ganz klar deutlich, die Aufklärung und Prophylaxe der Kinder muss in der Dominikanischen Republik noch weiter ausgebaut und gefördert werden.

Am Ende des Operativo sind alle Patienten versorgt, bis auf zwei Männer, die sich vor Schreien und Krämpfen nicht mehr auf dem Stuhl halten konnten. Einige Antibiotika konnten wir den Leuten mitgeben und den Pastor bitten, deren korrekte Einnahme zu kontrollieren. Auch Schmerzmittel haben wir verteilt, um zumindest für die nächsten Tage den Schmerz zu verringern.

Gefühl der Machtlosigkeit bleibt

Der Abschied verlief schnell und kühl. Es gab kein „Danke“ oder „Auf Wiedersehen“ vom Pastor, lediglich beim Abbau der Campingtische hat er uns dann geholfen, stumm versteht sich. Die Mentalität der haitianischen Patienten unterscheidet sich doch deutlich von denen der Dominicans, die mit ihrer so herzlichen und dankbaren Art auch die schlimmsten Behandlungen mit einem Lächeln und „Gracias doctora“ beenden. So schnell, wie wir in Munoz die Attraktion wurden, so schnell waren wir auch wieder uninteressant.

Wir haben unser Bestmögliches gegeben, doch beim Reflektieren dieses Einsatzes begleitet uns ein Gefühl der Machtlosigkeit, denn die zukünftige zahnärztliche Versorgung des Dorfs bleibt vorerst ungewiss.

Ein Bericht von ZÄ Vanessa Hinterschuster und ZÄ Ulrike Würpel

 

Reference: Studium & Praxisstart Bunte Welt

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