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DGMKG: Nicht ausreichende Finanzierung von zahnmedizinischen Sanierungen in Vollnarkosen bei vulnerablen Patienten, lange Wartezeiten

(c) RusAKphoto/Shutterstock.com

Es gibt eine wachsende Versorgungslücke in Deutschland, und sie betrifft besonders vulnerable Patientengruppen. Die zahnmedizinische Versorgung in Vollnarkose bei sehr kleinen und schwerkranken Kindern und Erwachsenen sowie bei alten Patienten kann derzeit nicht ausreichend gewährleistet werden. Die Folge: Schmerzen und Extraktionen statt Zahnerhalt und Wiederherstellung der Mundgesundheit. Die DGMKG macht erneut auf diesen Missstand aufmerksam und stellt Forderungen an Politik und Kostenträger.

Diese besonders vulnerablen Gruppen benötigten oft eine Vollnarkose zur Zahnbehandlung – häufig müsse jedoch auf zeitaufwendige zahnerhaltende und prothetische Maßnahmen, die im Zuge eines chirurgischen Eingriffs zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit angebracht wären, verzichtet werden. Durch die vorhandenen Engpässe wird oft die schneller durchzuführende Extraktion des Zahns der konservierenden Erhaltung vorgezogen – Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) kritisierten das Ende August erneut. Schon auf der Jahrestagung der DGMKG, die in diesem Jahr gemeinsam mit dem Deutschen Zahnärztetag der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) im Juni in Hamburg stattfand, hatten Expertinnen und Experten diese schwierige Situation in der Pressekonferenz, in Vorträgen und Sessions herausgestellt und diskutiert.

Im Schnitt viereinhalb Monate Wartezeit auf einen Termin

Aktuellen Erkenntnissen zufolge betragen die Wartezeiten für zahnmedizinische Behandlungen in Vollnarkose an Universitätskliniken hierzulande für vulnerable Patientengruppen derzeit im Schnitt viereinhalb Monate. Die DGMKG prangert diese dramatische Situation an und stellt klare Forderungen an Politik und Kostenträger.

Vieles, aber nicht alles in der Praxis möglich

Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyde, Pressesprecher der DGMKG
Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyde, Pressesprecher der DGMKG
Foto: Helios Klinik Kassel
Zum zahnärztlichen Therapiespektrum gehören präventive und konservierend-prothetische Maßnahmen, wie Prophylaxe und Parodontitistherapie, zahnerhaltende und -ersetzende Restaurationen und Wurzelkanalbehandlungen, sowie chirurgische Sanierungen wie Zahnextraktionen oder die Behandlung von Abszessen, Zysten und Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle. „Die meisten chirurgischen Sanierungen werden ambulant von niedergelassenen Zahnärztinnen und -ärzten durchgeführt“, erklärt der neue Pressesprecher der DGMKG, Professor Dr. med. Dr. med. dent. Hendrik Terheyden. „Die Patientinnen und Patienten erhalten dann eine lokale Betäubung und bei Bedarf eine Sedierung. Eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus ist nur notwendig, wenn zusätzliche Narkoserisiken – wie zum Beispiel angeborene Herzfehler – vorliegen oder besondere Schwierigkeiten zu erwarten sind.“

Vulnerable Patientinnen und Patienten benötigen jedoch oft eine zahnmedizinische Versorgung in Vollnarkose – und damit im Krankenhaus. „Als vulnerabel gelten Patientengruppen, die nicht ambulant auf dem Zahnarztstuhl in einer zahnärztlichen Praxis in örtlicher Betäubung oder unter Nutzung von Sedierungsverfahren behandelt werden können, sondern eine Allgemeinanästhesie mit teilweiser oder vollständiger Ausschaltung des Bewusstseins – also unter stationären Bedingungen – benötigen,“ erklärt Dr. Jörg-Ulf Wiegner, Präsident der DGMKG.

Heftige Schmerzzustände, mögliche Sepsis mit Todesfolge

„Vulnerable Patientinnen und Patienten in diesem Zusammenhang können Kinder und Erwachsene mit gesteigerter Behandlungsangst, schwer Pflegebedürftige oder Patientinnen und Patienten mit geistigen und körperlichen Einschränkungen sein“, so Wiegner. Sehr häufig auftretende orale Erkrankungen, wie Zahnkaries und Parodontitis, werden bei diesen Personen im Rahmen einer Vollnarkose behandelt, da diese Erkrankungen heftige Schmerzzustände auslösen können, die – wenn sie nicht adäquat behandelt werden – „zu infektiösen Folgeerkrankungen wie einer allgemeinen Sepsis mit Todesfolge führen können.“

Deutlich längere Behandlungszeiten in Narkose

Da konservierend-prothetische Behandlungen in Narkose bei vulnerablen Patientinnen und Patienten deutlich längere Behandlungszeiten bedingen und bei weitem nicht ausreichend vergütet werden, entstünden bei den Kliniken, die diese Versorgungen anbieten, hohe Defizite, so die DGMKG. Bei Kapazitätsengpässen könne es vorkommen, dass vulnerablen Patientinnen und Patienten eher ein Zahn gezogen wird, anstatt diesen mit zahnerhaltenden oder prothetischen Maßnahmen zu erhalten.

Minderversorgung mit negativen Einflüssen auf die Gesundheit

„Der Verlust eigener Zähne verringert jedoch die Kaufähigkeit der Betroffenen und schränkt ihre Lebensqualität deutlich ein, zudem bringt er gesundheitliche Risiken mit sich, da diese Patientinnen und Patienten durch Umstellung auf weiche Kost oder Breikost eine deutlich schlechtere Ernährung haben. Eingeschränkte Kaufähigkeit bedingt zudem kognitive Einschränkungen, wie neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Für die betroffenen vulnerablen Patientengruppen bedeutet all dies im Vergleich zu ‚regulären‘ Patientinnen und Patienten eine deutliche Minderversorgung“, beschreibt die DGMKG die Nachteile für die Betroffenen.

Keine Komfortnarkosen, sondern dringend medizinische Notwendigkeit

Prof. Dr. Diana Wolff und Prof. Dr. Dr. Bernd Lethaus informierten in der Pressekonferenz im Juni in Hamburg über die schwierige Situation bei den zahnärztlichen Behandlungen von vulnerablen Patienten in Vollnarkose.
Prof. Dr. Diana Wolff und Prof. Dr. Dr. Bernd Lethaus informierten in der Pressekonferenz im Juni in Hamburg über die schwierige Situation bei den zahnärztlichen Behandlungen von vulnerablen Patienten in Vollnarkose.
Foto: Marschall/Quintessence News
„Da es sich bei der Behandlung von vulnerablen Gruppen nicht um Komfortnarkosen handelt, sondern um eine dringende medizinische Notwendigkeit, fordert die DGMKG Politik und Kostenträger auf, die Kosten für zahnmedizinische Leistungen – unter anderem auch den Zahnerhalt durch Prophylaxe und restaurative Therapiemaßnahmen ­– bei vulnerablen Gruppen in Narkose adäquat zu vergüten“, so Professorin Dr. med. dent. Diana Wolff, Präsidentin der Vereinigung der Hochschullehrer der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK) und Ärztliche Direktorin der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde am Universitätsklinikum Heidelberg. Auch Netzwerkstrukturen, in denen niedergelassene Kolleginnen und Kollegen Hand in Hand mit Schwerpunktpraxen arbeiten, seien von großer Relevanz.

Reference: Interdisziplinär Zahnmedizin Praxis Politik

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