Unterschiedliche oralchirurgische Leistungen sind sowohl in der GOZ als auch in der GOÄ zu finden und werden meist ambulant (also nicht stationär) durchgeführt. Je nach Art erfordern sie ein hohes Maß an Präzision, einen zusätzlichen Hygieneaufwand und jede Menge Verbrauchsmaterial. Zur Abgeltung dieser Kosten hat der Verordnungsgeber für bestimmte GOZ/GOÄ-Leistungen einen Punkte-Zuschlag eingeführt.
Selbst bei der Entfernung eines tieffrakturierten oder tiefzerstörten Zahnes (GOZ-Nr. 3020) kann der Zuschlag nach der GOZ-Nr. 0500 (auch ohne Osteotomie) berechnet werden. Dies soll verdeutlichen, dass Zuschläge nicht nur bei großen oralchirurgischen und implantologischen Maßnahmen, sondern grundsätzlich in jeder Praxis anfallen können.
„Es kann nur einen geben!“
Erbringt der Zahnarzt in einer Sitzung (an einem Tag) zwei zuschlagsberechtigte Leistungen, gilt für den Punkte-Zuschlag der Satz „Es kann nur einen geben!“ 😉 Natürlich wird dann der höchstbewertete Zuschlag zur Berechnung herangezogen.
Gleiches gilt auch für einige Leistungen aus der GOÄ. So kann zum Beispiel neben einer einfachen Hautlappenplastik (Ä2381) der Punkte-Zuschlag Ä442 berechnet werden. Kompliziert wird es allerdings, wenn in einer Sitzung zwei zuschlagsberechtigte Leistungen – eine aus der GOZ und eine aus der GOÄ – erbracht wurden. Auch hier gilt, dass nur ein Zuschlag, also der höchstbewertete, berechnet werden kann.
Übersicht der OP-Zuschläge aus der GOZ beziehungsweise GOÄ
Fragen zur Materialkostenberechnung
Wurden einer GOZ- beziehungsweise GOÄ-Leistung die jeweils zutreffenden Zuschläge zugeordnet, müssen weitere Fragen beantwortet werden, wie zum Beispiel: „Welche Materialien können berechnet werden?“, „Ist gegebenenfalls ein OP-Set berechnungsfähig?“, „Wo kann man das nachlesen?“
Also …
… Die Berechnung von allgemeinen Praxiskosten (wie zum Beispiel Sprechstundenbedarf) werden in Paragraf 4 Absatz 3 GOZ geregelt. Ebenfalls regelt dieser Paragraf, dass alle Kosten bei Erbringung einer zahnärztlichen Leistung aus der GOZ mit der Berechnung der Gebührennummer grundsätzlich abgegolten sind. Demnach sind auch bei den GOZ-Zuschlägen keine weiteren Materialien berechnungsfähig.
Aber …
… Ausnahmen von dieser Regel sind bei den Allgemeinen Bestimmungen (zum Beispiel Knochenersatzmaterial, atraumatisches Nahtmaterial) oder bei einzelnen GOZ-Leistungen (zum Beispiel Anästhetikum neben den GOZ-Nrn. 0090/0100) zu finden. In der DAISY findet man über die Stichwort-Schnellsuche „Materialkosten“ eine sehr umfangreiche und wertvolle Tabelle, mit allen nach der GOZ berechnungsfähigen Materialien (inklusive Quellenangaben).
Und wann ist das sogenannte „OP-Set“ berechnungsfähig?
Im Paragraf 10 Absatz 1 und 2 GOÄ ist beschrieben, welche Materialien berechnungsfähig beziehungsweise welche „Kleinmaterialien“ mit der jeweiligen Hauptleistung abgegolten sind.
Wichtige Hinweise: Die Materialien eines OP-Sets können nur in Verbindung mit einer chirurgischen Leistung aus dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ berechnet werden und zwar unabhängig davon, ob neben der jeweiligen GOÄ-Leistung ein OP-Zuschlag vorgesehen ist oder nicht!
Gemäß Paragraf 2 Absatz 3 GOÄ ist eine Honorarvereinbarung (über dem 1fachen Satz) für GOÄ-Zuschläge ausgeschlossen! Ein derartiges Verbot ist in der GOZ für die GOZ-Zuschläge nicht vorhanden. Deshalb ist im Umkehrschluss eine Faktorsteigerung (über dem 1fachen Satz) für die GOZ-Punkte-Zuschläge, aber nur mit vorheriger Honorarvereinbarung gemäß § 2 Absatz 1 GOZ, möglich.
DAISY-Tipp: Für den Fall, dass die Materialkosten eines OP-Sets höher als der jeweilige GOZ-Zuschlag sind, sollte auf den GOÄ-Zuschlag zurückgegriffen und das OP-Set zusätzlich gemäß § 10 Absatz 1 GOÄ ausgewiesen werden.
Derselbe Fall (Osteotomie + Hautlappenplastik), aber unterschiedliche Honorare
Fazit: Schauen Sie genau hin, vermeiden Sie Honorarverluste und kalkulieren Sie mit dem DAISY-MaterialkostenRechner® alle berechnungsfähigen Materialien, natürlich auch das OP-Set!
Die DAISY-Abrechnungstipps erscheinen seit März 2024 monatlich auf Quintessence News und im Quintessenz-Team-Newsletter „Für Team & Praxis“.
Abrechnungstipp März 2024: Tamponieren ohne vorherige chirurgische Intervention
Abrechnungstipp April 2024: DVT, Zuschlag und Höchstwertregelung – easy, oder?
Abrechnungstipp Mai 2024: Praktikable und sichere Lösungen für die Praxis – Behandlungsablauf mit Aligner Attachments (1)
Abrechnungstipp Juni 2024: Aligner-Therapie und die Besonderheiten einer korrekten Berechnung (2)
Abrechnungstipp Juli 2024: Chairside-Leistungen: Erkennen und Benennen – Kalkulieren und Liquidieren
Abrechnungstipp August 2024: Telemedizinische Leistungen im Kontext einer korrekten Abrechnung
Abrechnungstipp September 2024: Notwendig oder nicht notwendig?
Dieser Artikel war hilfreich für Sie? Mehr Tipps zur Entdeckung versteckter Honorarpotenziale finden Sie im Herbst-Seminar 2024 (dem Wissens-Update zur zahnärztlichen Abrechnung). Weitere Informationen und Termine finden Sie auf daisy.de. Die DAISY Akademie + Verlag GmbH ist auch bei Instagram, Facebook und YouTube aktiv.
Sylvia Wuttig, B.A., Bachelor of Arts (Management von Gesundheitseinrichtungen), schreibt als Gründerin, Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der Daisy Akademie + Verlag GmbH seit 1976 Erfolgsgeschichte.
Dentale-Abrechnungs-Informations-Systeme (DAISY) haben Sylvia Wuttig bundesweites Renommee gebracht. Mehr als 100.000 Zahnärzte und Praxismitarbeiter wurden von ihr im Laufe von mehr als 45 Jahren in allen Bereichen der Abrechnung geschult.
Beratende Tätigkeiten, Vorträge und Seminare unter anderem für Zahnärztekammern, Kassenzahnärztliche Vereinigungen, Initiative unabhängige Zahnmedizin (IUZ), Schulen, Rechenzentren, Krankenkassen, Industrieunternehmen, zahntechnische Labors und Software-Firmen gehören ebenfalls zu ihren Aktivitäten.
Seit mehr als 20 Jahren ist sie aktives Mitglied der Prüfungskommission der Landeszahnärztekammer Sachsen für die Prüfung zur/zum Zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin/Verwaltungsassistenten (ZMV).
Im Rahmen eines offiziellen Lehrauftrags an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat sie mehr als zehn Jahre alle Studierenden der Zahnheilkunde im Bereich „Honorierungssysteme“ unterrichtet.
An der Europäischen Fachhochschule (vormals PraxisHochschule) in Köln ist sie seit 2013 als Dozentin und später als Gutachterin für Bachelor-Arbeiten tätig. Sie unterrichtet unter anderem Studierende (Bachelor of Science) im Bereich „Zahnärztliches Abrechnungsmanagement“. Für Quintessence News bereiten sie und ihr Team seit März 2024 exklusiv jeden Monat einen exklusiven Abrechnungstipp auf.