In diesem Artikel geht es nicht etwa um den Alltag digitaler HKPs, AUs und Rezepte, sondern um weit mehr. Während innovative Praxen bei vielen anderen telemedizinischen Leistungen bereits die Nase vorne haben, werden sie von der Mehrzahl der zahnärztlichen Praxen nicht genutzt oder sind sogar völlig unbekannt. Wer aber Zeit und Geld sparen und sich und seine Patienten entlasten will, kommt langfristig an bestimmten telemedizinischen Leistungen nicht vorbei.
Zudem sind viele Menschen grundsätzlich offen für neue Technologien, auch im interdisziplinären Austausch zwischen den Ärzten und in der Kommunikation zwischen Ärzten und ihren Patienten. Viele, auch ältere Menschen, besitzen einen Laptop und kommunizieren so mit ihrer Familie und Freunden. Warum funktioniert das nicht genauso mit ihrer Zahnärztin oder ihrem Zahnarzt? Ganz einfach: Es wird von den Praxen leider (noch) nicht angeboten.
Nachfolgend eine kleine Übersicht der Unterschiede zwischen einem Konsil, Videokonsil, Telekonsil, einer Videosprechstunde und Videofallkonferenz:
Konsil (unter Ärzten und zeitgleich)
Patientenbezogene, medizinische Fragestellungen, die im Rahmen eines persönlichen oder telefonischen Konsils zwischen Zahnärzten und/oder anderen Ärzten besprochen werden, konnten schon immer entweder nach der Bema-Nr. 181a/Ksla (ca. 16,80 Euro) bei Versicherten der GKV oder nach der GOÄ-Nr. Ä60 (16,09 Euro/2,3facher Satz) bei Versicherten der PKV abgerechnet werden. Dabei sollten der Gesprächspartner und der Gesprächsinhalt dokumentiert werden.
Videokonsil (unter Ärzten und zeitgleich)
Bei einem Videokonsil handelt es sich um eine zeitgleiche, telemedizinisch gestützte Kommunikation zwischen zwei Ärzten, die nach der Bema-Nr. 181b/Kslb (ca. 19,20 Euro) unter zwei Voraussetzungen abgerechnet werden kann:
1. Es muss sich dabei um eine vulnerable Patienten/einen vulnerablen Patienten mit Pflegegrad beziehungsweise Eingliederungshilfe handeln.
2. Das zeitgleiche Videokonsil wird über einen zertifizierten Videodienstanbieter* geführt.
Gleiches gilt für ein Konsil nach der Bema-Nr. 182b/KslKb (ca. 19,20 Euro), wenn der Zahnarzt einen Kooperationsvertrag mit einer stationären Pflegeeinrichtung abgeschlossen hat.
Die unter Punkt 1. und 2. genannten Einschränkungen gelten aber nicht, wenn ein zeitgleiches Videokonsil nach der GOÄ-Nr. Ä60 (16,09 Euro/2,3facher Satz) für einen Versicherten der PKV durchgeführt werden muss.
Leistungsbeschreibungen
Telekonsil (unter Ärzten, aber zeitversetzt)
Bei einem Telekonsil handelt es sich um eine zeitversetzte Kommunikation zwischen zwei Ärzten mit elektronischem Austausch von patientenbezogenen, medizinischen Fragestellungen und einem Austausch von Dokumenten, Befundunterlagen, Rö-Aufnahmen, Fotos etc. Die Abrechnung erfolgt nach der Bema-Nr. 181b/Kslb [ca. 19,20 Euro]) beziehungsweise 182b/KslKb (ca. 19,20 Euro) unter der Voraussetzung, dass das zeitversetzte Telekonsil über einen zertifizierten elektronischen Dienstleister (KIM) erbracht wurde.
Aus den DAISY-Seminaren und -Webinaren wissen wir, dass diese relativ neue Leistung sehr häufig erbracht, aber aus Unwissenheit nicht abgerechnet wird und somit viel Geld verloren geht. Wie oft werden Röntgenaufnahmen mit medizinischer Fragestellung an eine andere Praxis digital versandt und die Ärzte kommunizieren auf diesem Weg zeitversetzt miteinander? Beide Ärzte sind in diesem Fall berechtigt, die Bema-Nr. 181b/Kslb beziehungsweise 182b/KslKb abzurechnen, aber nur wenn es sich um Fragen handelt, die im Zusammenhang mit einer „GKV-Behandlung“ geklärt werden sollen.
Geht es nur um Implantat-Insertionen, können diese Leistungen nur bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen (generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen (Tumor o. ä.) über die GKV abgerechnet werden.
Der Technikzuschlag (TZ) ist bei einem zeitversetzten Telekonsil neben den Bema-Nrn. 181b/Kslb und 182b/KslKb nicht abrechnungsfähig.
Leistungsbeschreibungen
Aber Achtung: Diese Leistungen können nicht abgerechnet werden, wenn gemäß Paragraf 85 Absatz 3 Nr. 3 Strahlenschutzgesetz (StrlSchG), vorhandene Röntgenaufnahmen an eine andere Praxis pflichtgemäß weitergeleitet werden. Dafür ist weder eine Kassenleistung noch eine Privatleistung abrechnungsfähig.
Videosprechstunde (zwischen Arzt und Patient, zeitgleich)
Bei einer Videosprechstunde handelt es sich um eine telemedizinisch gestützte Betreuung eines Patienten, gegebenenfalls mit Betreuer und/oder gesetzlichem Vertreter. Die Videosprechstunde soll – wie bei Hausärzten – die Beratung des Patienten mittels Video-Anruf ermöglichen und kann unter zwei Voraussetzungen abgerechnet werden:
1. Es muss sich dabei um eine vulnerable Patientin/einen vulnerablen Patienten mit Pflegegrad beziehungsweise Eingliederungshilfe handeln.
2. Die zeitgleiche Videosprechstunde wird über einen zertifizierten Videodienstanbieter* geführt.
Leistungsbeschreibungen
Die Leistung nach der Bema-Nr. VS ist nur als alleinige Leistung abrechnungsfähig und kann nicht neben den Bema-Leistungen VFK (Videofallkonferenz), 181 oder 182 abgerechnet werden.
Videosprechstunde bei Patienten ohne Pflegegrad beziehungsweise Eingliederungshilfe
Beratungsgespräche, bei denen Patienten nicht unbedingt vor Ort sein müssen, werden immer häufiger im Rahmen einer Videosprechstunde durchgeführt und sind für viele Praxen inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden. Liegen alle diagnostischen Unterlagen vor und können feste Termine vereinbart werden, spart sowohl der Patient als auch die Praxis viel Zeit und Geld. Welche Bereiche der Oralmedizin auch immer im Mittelpunkt stehen, die entsprechenden Beratungen im Rahmen einer Videosprechstunde werden auch in einer Zahnarztpraxis zum festen Bestandteil werden.
Da für telefonische Beratungen schon immer die entsprechenden Beratungsleistungen nach dem Bema beziehungsweise der GOÄ (Ä1 ff.) abgerechnet werden konnten, gilt das Gleiche selbstverständlich auch für Beratungen im Rahmen einer Videosprechstunde.
Auch das parodontologische Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG) innerhalb der PAR-Versorgungsstrecke kann persönlich, telefonisch oder auch per Videosprechstunde erbracht und abgerechnet werden. Bei Privatpatienten erfolgt die Berechnung gemäß Paragraf 6 Absatz 1 GOZ analog nach der GOZ-Nr. 2110a.
Videofallkonferenz (zwischen Arzt und Pflege- beziehungsweise Unterstützungspersonen, zeitgleich)
Eine Videofallkonferenz ist eine telemedizinisch gestützte Besprechung zwischen Zahnarzt und Pflege- beziehungsweise Unterstützungspersonen über einen Patienten und kann unter zwei Voraussetzungen abgerechnet werden:
1. Es muss sich dabei um eine vulnerable Patientin/einen vulnerablen Patienten mit Pflegegrad beziehungsweise Eingliederungshilfe handeln.
2. Die zeitgleiche Videofallkonferenz wird über einen zertifizierten Videodienstanbieter* geführt.
Leistungsbeschreibungen
* Zertifizierte Videodienstanbieter mit sehr unterschiedlichen Preisangeboten sind auf der Homepage der KZBV zu finden.
Fazit
Auch wenn die Umsetzung der telemedizinischen Leistungen in die eigene Praxis mit viel Aufwand verbunden ist, werden die Vorteile langfristig überwiegen und die Patienten werden dankbar sein, dass sie in einer modernen Praxis Patient sein dürfen.
Die DAISY-Abrechnungstipps erscheinen seit März 2024 monatlich auf Quintessence News und im Quintessenz-Team-Newsletter „Für Team & Praxis“.
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Sylvia Wuttig, B.A., Bachelor of Arts (Management von Gesundheitseinrichtungen), schreibt als Gründerin, Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der Daisy Akademie + Verlag GmbH seit 1976 Erfolgsgeschichte.
Dentale-Abrechnungs-Informations-Systeme (DAISY) haben Sylvia Wuttig bundesweites Renommee gebracht. Mehr als 100.000 Zahnärzte und Praxismitarbeiter wurden von ihr im Laufe von mehr als 45 Jahren in allen Bereichen der Abrechnung geschult.
Beratende Tätigkeiten, Vorträge und Seminare unter anderem für Zahnärztekammern, Kassenzahnärztliche Vereinigungen, Initiative unabhängige Zahnmedizin (IUZ), Schulen, Rechenzentren, Krankenkassen, Industrieunternehmen, zahntechnische Labors und Software-Firmen gehören ebenfalls zu ihren Aktivitäten.
Seit mehr als 20 Jahren ist sie aktives Mitglied der Prüfungskommission der Landeszahnärztekammer Sachsen für die Prüfung zur/zum Zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin/Verwaltungsassistenten (ZMV).
Im Rahmen eines offiziellen Lehrauftrags an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat sie mehr als zehn Jahre alle Studierenden der Zahnheilkunde im Bereich „Honorierungssysteme“ unterrichtet.
An der Europäischen Fachhochschule (vormals PraxisHochschule) in Köln ist sie seit 2013 als Dozentin und später als Gutachterin für Bachelor-Arbeiten tätig. Sie unterrichtet unter anderem Studierende (Bachelor of Science) im Bereich „Zahnärztliches Abrechnungsmanagement“. Für Quintessence News bereiten sie und ihr Team seit März 2024 exklusiv jeden Monat einen exklusiven Abrechnungstipp auf.