Investoren in der Zahnmedizin und Medizinische Versorgungszentren mit Beteiligung von Fremdkapital (Investoren-MVZ) sind seit Jahren ein brisantes politisches Thema. Die zahnärztliche Standespolitik positioniert sich klar dagegen. So auch jetzt – Anlass sind die verstärkten Aktivitäten der Investoren und Betreiber von MVZ in der Lobbyarbeit gegenüber der Politik.
Seit den Beschlüssen der Gesundheitsministerkonferenz der Länder von 2022 und Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach Ende 2022, die Aktivitäten von Fremdinvestoren in der Medizin einschränken zu wollen, haben diese ihre Bemühungen um politisches Gehör in Parlament und Ministerien für ihre Positionen intensiviert.
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) halten jetzt dagegen. „Der Zahnarztberuf ist aus gutem Grund ein freier Beruf. Nur Zahnärztinnen und Zahnärzte, die frei darüber entscheiden, welche Therapie individuell die notwendige ist, können den Patientinnen und Patienten eine ihren Bedürfnissen und Wünschen entsprechende Behandlung garantieren. Die freiberufliche Zahnärzteschaft orientiert sich an dem jeweils notwendigen Versorgungsbedarf und nicht an ökonomisch motivierten Renditevorgaben Dritter“, heißt es in einem gemeinsamen Pressestatement.
Ende der Goldgräberstimmung nur mit räumlicher und fachlicher Begrenzung
Die Politik dürfe jetzt „nicht den Fehler machen, der ‚Weichspüler-Taktik‘ der Investorenvertreter auf den Leim zu gehen und ihre leeren Worthülsen für bare Münze zu nehmen. Ein Ende der Goldgräberstimmung in der Investorenbranche wird es ohne räumliche und fachliche Begrenzung der Gründungsbefugnis für Krankenhäuser nicht geben.“
Tendenz bei iMVZ weiter steigend
„Seit Jahren dringen Private-Equity-Gesellschaften und andere große Finanzinvestoren in die vertragszahnärztliche Versorgung vor, in dem sie häufig kleine und marode Krankenhäuser aufkaufen, um sie dann lediglich als gesetzlich notwendiges Vehikel zur Gründung von investorengetragenen MVZ (iMVZ) und großer iMVZ-Ketten zu nutzen. Die Dynamik ist enorm: Mittlerweile liegt der Anteil der iMVZ an allen zahnärztlichen MVZ bei 29 Prozent (3. Quartal 2022) – Tendenz weiter steigend“, so KZBV und BZÄK. Mit ihrem einseitigen Fokus auf schnelle Gewinnmaximierung stellten iMVZ eine erhebliche Gefahr für die Versorgungsqualität, das Patientenwohl und die Sicherstellung der Versorgung insgesamt dar. Dazu wird unter anderem auf ein von der KZBV beauftragtes, 2020 vorgelegtes Gutachten des IGES-Institutes verwiesen.
„Wir begrüßen daher die klaren Worte des Bundesgesundheitsministers gegen iMVZ nachdrücklich: Der Minister hat angekündigt, den Aufkauf von Praxen durch Investoren mit absoluter Profitgier einen Riegel vorzuschieben und hierzu zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Einstieg der Heuschrecken und die absurden Gewinnkonzepte der Investoren unterbindet“, heißt es weiter. Der dringende politische Handlungsbedarf zur Eindämmung von iMVZ sei auch von großen Teilen der Ärzteschaft und der Bundesländer erkannt worden. Letztere machten sich über die Gesundheitsministerkonferenz für wirksame gesetzliche Instrumente gegen iMVZ stark.
„Politische Debatte weichspülen“
Vor diesem Hintergrund sei es wenig verwunderlich, dass die Investoren-Lobby zunehmend kalte Füße bekomme und ihre Verbände losschicke, um mit Alibivorschlägen für „Transparenz“ ein vermeintliches Entgegenkommen zu signalisieren, so KZBV und BZÄK. Tatsächlich gehe es einzig darum, „die politische Debatte weichzuspülen und wirksame Maßnahmen im Sinne der Patientenversorgung zu verhindern“.
Transparenz reicht nicht
Gleichzeitig dürfe sich niemand der Illusion hingeben, dass „Transparenz“ mehr wäre als ein völlig stumpfes Schwert beim Patientenschutz, so die KZBV und die BZÄK. „Um die erheblichen Gefahren für die Patientenversorgung an der Wurzel zu packen, braucht es jetzt eine standhafte Politik, die im Ergebnis klare gesetzliche Vorgaben gegen die ungebremste Ausbreitung von iMVZ auf den Weg bringt.“
Sie macht dazu folgenden Vorschlag: „Bei der Gründung von zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren durch ein Krankenhaus sollte künftig ein räumlicher und fachlicher (zahnmedizinischer) Bezug zum Trägerkrankenhaus bestehen.“
Es könne nicht sein, dass eine als „Gründungsvehikel“ benutzte kleine orthopädische Rehaklinik in Baden-Württemberg zum Beispiel eine zahnärztliche Praxiskette in Norddeutschland betreibt.
Ferner stellten Änderungsvorschläge aus dem Bereich des Zahnheilkundegesetzes eine zusätzliche Möglichkeit dar, um sicherzustellen, dass Fremdinvestoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen von der Gründung und dem Betrieb zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren ausgeschlossen werden.