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Vielversprechend, aber technisch anspruchsvoll – eine Möglichkeit zur Versorgung tief subgingival liegender Seitenzahnkavitäten

Die Versorgung ausgedehnter tief subgingivaler Seitenzahnkavitäten stellt wegen der schwierigen Zugänglichkeit und der Feuchtigkeitskontrolle eine große Herausforderung dar. Eine Möglichkeit zur Behandlung solcher Defekte ist die Versorgung mittels einer indirekten Restauration in Kombination mit einer approximalen Kastenelevation. Dieses Verfahren, bei dem es sich um eine vielversprechende Therapieoption zu handeln scheint, wird in dem vorliegenden Beitrag von Dr. Anna Felten und Prof. Diana Wolff für die Quintessenz 1/18 beschrieben und war auch Thema des Beitrags von Prof. Wolff auf dem Deutschen Zahnärztetag 2021 mit dem Schwerpunkt „Herausforderungen“.

Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wurde 2019 wie der Verlag selbst 70 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit zwölf Ausgaben jährlich. Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Die Schwierigkeiten bei der Anfertigung tief subgingivaler Seitenzahnrestaurationen wurden in der Vergangenheit mit Hilfe von Amalgam- oder indirekten Gussmetallrestaurationen erfolgreich gelöst. Seit vielen Jahren befinden sich zahnfarbene Komposit- oder keramikbasierte Versorgungen auf dem Vormarsch. Neben dem gestiegenen Verlangen nach ästhetischen Versorgungen in der Bevölkerung sind auch Fortschritte in der Adhäsiv- und Komposittechnologie sowie in der Weiterentwicklung von Keramiken zu verzeichnen, so dass sich das Spektrum und die Indikationsbreite für direkte sowie indirekte Komposit- und Keramik­restaurationen erweitert haben1. Für deren Anwendung im subgingivalen Bereich bedarf es jedoch großer Sorgfalt und des Einsatzes spezieller neu entwickelter Techniken.

Die Anfertigung und das Einbringen indirekter Komposit- und keramikbasierter Restaurationen erfordern hohe Standards. Gerade wenn ein großer Zahnhartsubstanzverlust vorliegt und die Restaurationsränder tief subgingival liegen, wird die Herstellung einer suffizienten und langlebigen Versorgung zur anspruchsvollen Aufgabe. Es muss berücksichtigt werden, dass die in den Bereich der biologischen Breite eingebrachten Restaurationsränder nicht das parodontale Gewebe irritieren dürfen, also möglichst spaltfrei und ohne Überschuss der zervikalen Zahnkontur folgen müssen. Eine große Herausforderung liegt in der Trockenlegung und Isolierung des Arbeitsfeldes, und zwar sowohl bei der Abformung als auch bei der späteren Eingliederung der Restauration. Bis heute wird aufgrund der beschriebenen vielfältigen Schwierigkeiten im Praxisalltag häufig davon abgesehen, im tief subgingivalen Bereich zu arbeiten. Stattdessen legt man mit einer chirurgischen Kronenverlängerung oder einer kieferorthopädischen Extrusion den nicht zugänglichen Bereich frei und verlagert ihn nach para- oder supragingival. Daneben wird in individuellen Fällen eventuell auch eine Extraktion des Zahnes in Betracht gezogen.

Seit einigen Jahrzehnten gibt es immer wieder Publikationen über Versorgungsmöglichkeiten für tiefe subgingivale Kavitäten. Sie alle verfolgen das Ziel, über das Einbringen einer ersten Materialschicht an der tiefsten Stelle des subgingivalen Kavitätenbodens den Kavitätenrand nach para- oder supragingival anzuheben und damit das Kavitätendesign sowie die weitere Versorgung der Kavität zu erleichtern. Somit soll auch eine Alternative zu chirurgisch-invasiven Eingriffen geboten werden3. Für diese Methoden der Supralokation des Kavitätenbodens finden sich in der internationalen Literatur verschiedene Bezeichnungen wie zum Beispiel „sandwich technique“1,2, „supragingival relocation of subgingival margins“4,14,19, „margin elevation technique“25 oder „proximal box elevation“5,20. Sie werden im Folgenden näher beschrieben und anschließend wird ihre praktische Umsetzung anhand eines Fallbeispiels demonstriert.

Methoden zur Kastenelevation

Aufgrund von Weiterentwicklungen der Adhäsiv- und Komposittechnologie1, der Restaurationskonzepte6,7,22 und des Managements schwieriger Behandlungssituationen24 ist es heute möglich, glatte, irritationsfreie Ränder an direkt hergestellten Kompositrestaurationen zu erreichen. Dietschi und Spreafico4 empfahlen bei leicht subgingivalen Restaurationsrändern, diese durch das Aufbringen geringer Mengen Komposit anzuheben. Auch Rocca et al.19 beschrieben in zwei klinischen Fällen das Anheben des subgingivalen ­Restaurationsrandes mittels Komposit zur adhäsiven Befestigung von zahnfarbenen Restaurationen aus Komposit oder Keramik.

In der aktuellsten systematischen Übersichtsarbeit von Kielbassa und Philipp12 wurde die derzeit verfügbare Literatur zur Technik der approximalen Kastenelevation zusammengefasst und ein klinischer Fall beschrieben. Die Autoren stellten fest, dass diese zweiphasige Technik eine vielversprechende Methode sei und die sofortige Versiegelung der tiefen Dentinwunde sowie die Anfertigung direkter oder indirekter Restaurationen bei tief subgingivalen Kavitätenrändern vereinfache. Allerdings sind nach ihren Recherchen bisher keine qualitativ hochwertigen randomisierten klinischen Studien verfügbar, welche die bereits vorliegenden Laboruntersuchungen bestätigen12.

Bei der Kastenelevation vor Eingliedern einer indirekten Restauration ergeben sich folgende Vorteile:

  • zahnhartsubstanzschonendes Vorgehen, da unterminierende Areale ausgeblockt werden;
  • Versiegelung der frischen Dentinwunde sowie Schutz vor mechanischen und thermischen Stimuli während der Behandlungsphase;
  • Gewährleistung einer vollständigen Polymerisation der Kompositanteile in der Tiefe der Kavität;
  • Erleichterung der optischen oder konventionellen Abformung und der Werkstückbefestigung sowie Vereinfachung der Entfernung von überschüssigem Befestigungskomposit.

Weiterhin entstehen durch die Vermeidung von chirurgischen Maßnahmen (zum Beispiel chirurgische Kronenverlängerung) Vorteile für Patienten mit Komorbiditäten beziehungsweise für allgemeinanamnestisch eingeschränkte Patienten, da das Vorgehen weniger belastend und invasiv ist. Nicht zuletzt kann dieses Verfahren auch bei Patienten erwogen werden, welche wegen ihrer Grund­erkrankung Bisphosphonate einnehmen müssen oder bereits im Behandlungsbereich bestrahlt worden sind. Bei ihnen sollten nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand Behandlungen, die einen invasiven Eingriff am Alveolarknochen erfordern, möglichst vermieden werden9.

Klinisches Fallbeispiel

Anamnese und Befund

Die 64-jährige Patientin stellte sich nach Überweisung zur restaurativen Gebisssanierung in der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde der Klinik für Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten des Universitätsklinikums Heidelberg vor. Allgemeinanamnestisch waren bei der Patientin die Einnahme intravenöser Bisphosphonate (Aclasta 1x jährlich) bei Osteoporose sowie eine Immunsuppression mittels Enbrel und Metex bei rheumatoider Arthritis auffällig. Ein Anhalt für infektiöse Erkrankungen oder hämorrhagische Diathesen lag nicht vor. Die Patientin hatte im Kindesalter eine Tuberkulose durchlitten, deren Nachweis aktuell negativ war.

Aufgrund der Immunsuppression und der Bisphosphonatgabe musste die Patientin in Rücksprache mit ihrem Hausarzt antibiotisch (600 mg Clindamycin vor Routineeingriffen mit dem Risiko einer Bakteriämie, 4-mal täglich 300 mg Clindamycin für 7 Tage vor invasiven, knochenverletzenden Eingriffen) abgeschirmt werden. Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung hatte sie keine Schmerzen. Der Befund ergab multiple kariöse Läsionen, insuffiziente Restaurationen und eine generalisiert moderate, lokalisiert schwere chronische Parodontitis. Die routinemäßig angefertigten Bissflügelaufnahmen zeigten an Zahn 37 distal eine zervikale Transluzenz im Sinne einer subgingivalen C3-Karies (Abb. 1).

Im weiteren Verlauf fokussiert der Fallbericht auf die Beschreibung der Behandlung des Zahns 37. Zusätzliche restaurative, prothetische und parodontologische Maßnahmen wurden durchgeführt, werden aber an dieser Stelle nicht detailliert erläutert.

Klinisch wies Zahn 37 ein Keramikinlay mesial und okklusal mit einem insuffizienten, nicht reinigungsfähigen Restaurationsrand mesial auf (Abb. 2 und 3). Der Zahn zeigte keine Perkussionsempfindlichkeit und reagierte auf die mit Kältespray (-50 Grad, Miracold Plus, Hager & Werken) durchgeführte Vitalitätsprüfung positiv. Die erhobenen Sondierungstiefen und der klinische Attachmentverlust lagen an Zahn 37 zwischen 2 und 6 mm.

Aufgrund der allgemeinmedizinischen Umstände wurde von einer Versorgung mit chirurgischer Kronenverlängerung und einer Teilkrone abgesehen. Stattdessen fiel die Entscheidung zugunsten eines zweizeitigen Vorgehens mittels Kastenelevation und anschließender Versorgung mit einem keramischen Overlay. Der Patientin gegenüber wurde deutlich gemacht, dass es sich bei der Behandlung dieses Zahns um einen Erhaltungsversuch handelt.

Erste Phase – Kastenelevation

In der ersten Phase wurde unter absoluter Trockenlegung mittels Kofferdam das insuffiziente Keramikinlay mesial-okklusal entfernt, mittels rotierender diamantierter Instrumente ein Zugang zur tief gelegenen kariösen Läsion geschaffen und die Kariesexkavation durchgeführt. Zur Blutstillung kam neben der Anästhesie mittels Articain 1:200.000 (Ultracain D-S, Sanofi-Aventis) auch ViscoStat (20-prozentiges Eisensulfatgel, Ultradent) zum Einsatz. Bei der Kariesentfernung wurde die Pulpa nicht eröffnet. Klinisch zeigte sich zusätzlich eine Primärkaries an Zahn 38 mesiozervikal, welche ebenfalls im selben Arbeitsschritt exkaviert wurde (Abb. 4).

Um eine gute Einsehbarkeit zu gewährleisten, erfolgte eine Zertrennung des Kofferdams zwischen den Zähnen 36 und 37. Zur Blutungskontrolle und besseren Darstellung der Zahngrenze wurden Retraktionsfäden (Ultrapak, Ultradent) an den Zähnen 37 und 38 gelegt (Abb. 5a und b). Anschließend wurde mit Tupfbewegungen mehrfach ViscoStat aus einer Einbüschelspritze bis zur vollständigen Koagulation in die Gingiva einmassiert und danach mit Wasser abgespült. Die Blutung sollte zu diesem Zeitpunkt stehen und somit die Koagulation eingetreten sein; ansonsten ist eine Wiederholung des beschriebenen Verfahrens notwendig.

Im Anschluss wurde an Zahn 38 mit 36-prozentiger Phosphorsäure (DeTrey Conditioner 36, ­Dentsply Sirona) selektiv zunächst am Schmelz (30 Sekunden) und dann am Dentin (15 Sekunden) geätzt. Nachdem die Kavität für 20 Sekunden mit Wasser gespült und getrocknet worden war, wurde unter Beachtung der Herstellerangaben ein Primer einmassiert sowie ein Adhäsiv (OptiBond FL, Kerr) appliziert und lichtgehärtet. Der Kavitätenboden wurde mit einer kombinierten Technik aus fließfähigem (Tetric Evoceram Evoflow, Ivoclar Vivadent) und viskösem (Tetric Evoceram, Ivoclar Vivadent) Kompositmaterial (sogenannte Schneepflugtechnik17) aufmodelliert, lichtgehärtet und anschließend mit weiteren Schichten aufgebaut. Nach der freien Kompositmodellation erfolgten die Ausarbeitung und Politur von Zahn 38 mittels eines feinkörnigen flammenförmigen Diamanten, eines Skalpells (Größe 12, Feather) und Kompositpolierern (Astropol, Ivoclar Vivadent) (Abb. 6).

Im Folgenden wurde Zahn 37 wie schon Zahn 38 konditioniert (DeTrey Conditioner 36), Primer und Adhäsiv (OptiBond FL) aufgetragen und dann der distale Kasten mittels freier Modellation mit Komposit angehoben, da die Applikation einer Matrize und deren Verkeilung nicht möglich waren. Die Vorgehensweise der freien Modellation zur Kastenelevation entspricht dem Prozedere zur Herstellung der ersten Phase bei der sogenannten R2-Technik22. Es erfolgten gezielt ein sanftes Einmodellieren eines ungehärteten fließfähigen Komposits (Tetric Evoceram Evoflow) und danach eines viskösen Restaurationskomposits (Tetric Evoceram) bis auf Gingivaniveau sowie ein Abstreichen der approximalen Überschüsse in einem Zug mittels Heidemann-Spatel. Anschließend wurde das applizierte Material lichtgehärtet (Abb. 7a und b). Dieses Prinzip der Schneepflugtechnik17 ermöglicht dem Anwender die Herstellung eines stufenlosen Übergangs vom Komposit zur Zahnhartsubstanz. Die marginalen Überschüsse wurden sodann mittels Skalpell (Größe 12, Feather) und eines feinkörnigen flammenförmigen Diamanten entfernt (Abb. 8a und b). Im postoperativen Röntgenbefund zeigte sich im distalen Kasten ein spaltfreier Übergang vom Komposit zum Zahn in direkter Nähe zum Alveolarknochen (Abb. 9). Des Weiteren wurden die Konkremente an Zahn 37 mesial und an Zahn 36 distal entfernt.

Zweite Phase – Indirekte Restauration

In der zweiten Phase erfolgte die Präparation des Zahns zur Aufnahme eines Overlays aus Keramik in einer weiteren Behandlungssitzung (Abb. 10). Grundsätzlich ist eine direkte Versorgung mittels R2-Technik möglich6,7,22. Aufgrund der geringen Restzahnsubstanz im Bereich der lingualen Höcker wurde im vorliegenden Fall die indirekte Versorgung mittels Overlay gewählt. Die Präparation des approximalen Kastens nach der Kastenelevation erfolgte im supragingivalen Bereich, das heißt, der Präparationsrand kam im Bereich des approximalen Kastens im Kompositmaterial der Kastenelevation zu liegen. Zur provisorischen Versorgung wurde eine chairside mit Hilfe eines vor der Präparation angefertigten Silkonputtys hergestellte indirekte provisorische Kunststoffrestauration (Luxatemp Automix Solar,  DMG) verwendet. Die Abformung der Präparation erfolgte mittels Zweifadentechnik, wobei als Abformmaterialien Impregum Penta Soft und Impregum Garant L DuoSoft (3M OralCare) zum Einsatz kamen.

Nach Herstellung des keramischen Overlays (e.max Press LT, Ivoclar Vivadent) im zahntechnischen Labor (Abb. 11) wurde das Werkstück zunächst intraoral ohne Kofferdam anprobiert. Durch die erfolgte Kastenelevation konnte das Overlay nun unter absoluter Trockenlegung mittels Kofferdam (Hygienic Dental Dam, Coltène/Whaledent) adhäsiv zementiert werden (Abb. 12). Dabei wurde es extraoral mit 5-prozentigem Flusssäuregel (Ceramic Etch, Vita) geätzt und dann silanisiert (Monobond Plus, Ivoclar Vivadent). Die Kavität wurde intraoral gereinigt sowie sandgestrahlt (RONDOflex plus 360 mit Aluminiumoxidpulver der Körnung 50 μm, KaVo Dental) und anschließend mit 36-prozentiger Phosphorsäure (DeTrey Conditioner 36) selektiv geätzt, gespült und indirekt über einen Spiegel luftgetrocknet. Auf die Kompositanteile der Kavität wurde ein Silanhaftvermittler (Monobond Plus) nach Herstellerangaben 60 Sekunden lang und danach in die gesamte Kavität ein dualhärtendes Dental­adhäsiv ­(ExciTE F DSC, Ivoclar Vivadent) einmassiert. Zur adhäsiven Befestigung des Overlays wurde ein zähfließendes dualhärtendes Befestigungskomposit ­(Variolink Esthetic DC, Ivoclar Vivadent) auf das Overlay aufgetragen und dieses in die Kavität eingebracht. Nach Entfernung der Überschüsse erfolgte die Lichthärtung. Die Kunststoffreste wurden entfernt, die Ränder poliert und die Okklusion hinsichtlich dynamischer und statischer Kontakte überprüft (Abb. 13 bis 15). Sowohl während der provisorischen Versorgung als auch nach Einbringung des Werkstücks erfolgte eine Anpassung von Interdentalraumbürstchen der Größen CPS 14 konisch (PHD-Wert [ISO 16409]: 1,3 mm) und CPS 15 konisch (PHD-Wert [ISO 16409]: 1,4 mm) (Curaden Swiss, Kriens), damit der Patientin eine suffiziente Reinigung des Zahnzwischenraumes möglich war (Abb. 16).

Um subgingivale Überreste des Befestigungskomposits im Approximalraum auszuschließen, wurde ein Zahnfilm der Regio 37/38 angefertigt. Hierbei zeigte sich an Zahn 37 eine Opazität distal im Sinne einer randständigen homogenen Füllung und eines Overlays mesial-okklusal-distal sowie an Zahn 38 eine Opazität mesial im Sinne einer suffizienten und randständigen Füllung. Es waren keine Überschüsse erkennbar (Abb. 17a und b).

Abschlussbefund nach 3 Monaten

3 Monate nach Abschluss der Sanierung zeigten sich stabile parodontale und restaurative Verhältnisse. Mit dem Ergebnis der Therapie war die Patientin zufrieden. Die Gingiva in Regio 37/38 stellte sich reizlos dar (Abb. 18). Zahn 38 wies mesial harte Beläge auf. Behandlungsbedürftige Defekte der Zahnhartsubstanz wurden nicht festgestellt. Die Erhebung der Sondierungstiefen an den Zähnen 36, 37 und 38 ergab kein Bluten auf Sondieren, die Sondierungstiefen lagen generalisiert zwischen 2 und 3 mm (Abb. 19), und das klinische Attachmentniveau betrug 2 bis 3 mm. Pathologische Zahnbeweglichkeiten lagen nicht vor. Die Mundhygiene der Patientin, die regelmäßig einmal täglich Interdentalraumbürsten anwendete, erwies sich als sehr gut. Der Zahn zeigte keine Perkussionsempfindlichkeit und reagierte auf die mit Kältespray durchgeführte Vitalitätsprüfung positiv.

Epikrise

Aufgrund der allgemeinmedizinischen Umstände wurde bei dieser Patientin von einer chirurgischen Kronenverlängerung abgesehen und ein Zahn mit tief subgingivaler Kavität durch die Kombination einer direkten Kastenelevation mittels Kompositmaterial und anschließender indirekter Versorgung mit einem keramischen Overlay behandelt. Hierbei konnte eine Versorgung des Zahnes ohne ausgedehnte Irritation des angrenzenden Alveolarknochens und Weichgewebes erfolgen. Dieses Verfahren ist in der Literatur beschrieben und zeigt vielversprechende Ergebnisse12. Daher gehen wir davon aus, dass im vorliegenden Fall bei weiterhin guter häuslicher Mundhygiene ein langfristiger Erhalt des Zahnes möglich ist.

Diskussion – Verletzung der ­biologischen Breite

Im Zusammenhang mit der Elevation tief subgingivaler Restaurationsränder ist der Einfluss der epi­krestalen adhäsiven Restauration auf das Parodont zu berücksichtigen. Hier spielt insbesondere die biologische Breite eine große Rolle. Der anatomische Bereich des aus Saumepithel, bindegewebigem Attachment und Gingivasulkus bestehenden dentogingivalen Komplexes wurde erstmals von ­Gargiulo et al.8 beschrieben und anschließend von Vacek et al.23 reevaluiert. Anhand von Expertenmeinungen und einzelnen auf klinischen Beobachtungen basierenden Studien lässt sich ein Abstand des Restaurationsrandes zum Alveolarknochen von etwa 3 mm empfehlen, um eine chronische Gingivitis, einen parodontalen Attachmentverlust und eine Knochenresorption zu verhindern10,11,13,16. Jedoch wird durch die Breite der keratinisierten Gingiva, die Morphologie der Gingiva und den Zustand des parodontalen Halteapparats der Toleranzbereich der biologischen Breite individuell beeinflusst, so dass für diese letztendlich keine verbindlichen Werte existieren15. Das konnten Schmidt et al.21 in einer systematischen Literaturübersicht bestätigen. Sie kamen zu dem Schluss, dass es keinen universellen Wert für die biologische Breite gibt und dass primär parodontal gesunde Verhältnisse bestehen sollten, um die biologische Breite in der rekonstruktiven Zahnmedizin beurteilen zu können.

Obwohl die biologische Breite bei der hier vorgestellten Patientin objektiv verletzt war, zeigte sich im Abschlussbefund ein parodontal stabiler und entzündungsfreier Zustand. Warum scheint die angewendete Technik zur Lösung des vorliegenden restaurativen Problemfalls im subgingivalen Bereich funktioniert zu haben? Hier kann bisher nur vermutet werden, dass folgende Einflüsse eine Rolle spielen7:

  • glatte, irritationsfreie Restaurationsränder18,
  • eine gute häusliche Mundhygiene (insbesondere individuelle Approximalraumhygiene),
  • Umfang und Ausmaß der Verletzung der biologischen Bereite (hier nicht zirkulär, sondern nur ein anteiliger Restaurationsrand) sowie
  • eventuell die Art des Restaurationsmaterials.

Es fehlen bislang klinische Studien über den Einfluss einer subgingivalen Kastenelevation auf den parodontalen Zustand und die Langlebigkeit solcher Hybridrestaurationen (Kastenelevation und indirekte Restauration). Vielversprechende klinische Erfahrungen und Einzelberichte sowie positive Labordaten lassen jedoch erwarten, dass diese Therapieoption auch im klinischen Alltag eine erfolgreiche Behandlungsalternative sein kann.

Ein Beitrag von Dr. Anna Felten, Heidelberg, und Prof. Dr. Diana Wolff, Tübingen

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Quintessenz Zahnmedizin 1/18 Restaurative Zahnheilkunde

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